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Hochgeschätzte Morlena

verzeih eine persönlichen Worte und die direkte Ansprache, denn für mich ist es immer noch schwer mich an die neue Situation und so allerlei zu gewöhnen. Unser gemeinsames Gespräch ist ein wenig anders verlaufen, als das für mich absehbar war und leider gelang es mir nicht so recht, die Ruhe zu wahren, die ich während dieser Augenblicke hätte haben müssen. Wo soll ich nur anfangen, jetzt da es in mir dieses große Bedürfnis gibt mich zu erklären? Derzeit vermag ich nur schwer abzuschätzen, an was du dich noch erinnerst, genau wie mir auch unklar ist, welcher kostbare Mut mich mein Opfer und auch die Erhebung gekostet hat. So bitte ich dich um Verzeichnung, sollten meine Worte dich in irgendeiner Weise angreifen oder ich mich gar überheblich oder fordernd scheinen lassen. Das ist nicht meine Absicht.

Tatsächlich obliegt es mir lediglich dir demütig und höflich, in ehrlicher-offener Weise, zu erklären wie diese für uns beide unangenehme Situation zu Stande gekommen ist. Vielleicht vermögen diese Zeile dann gar die eine oder andere Lücke deiner Erinnerung zu schließen, auch wenn dies für mich gerade eine schwache, doch trotzdem keimende Hoffnung scheint. Tatsächlich bereue ich Nichts und würde für unser gemeinsames Schicksal heute wieder genau so handeln, wie ich es vor unserer Rückkehr tat. Denn so funktioniert unser System und es ist nur Recht Ressourcen auf besonders effiziente Art und Weise einzusetzen. So sah es stets auch mein einst vertrauensvoller Freund Sia'hem, der mich stets dazu ermutigt hat nach der Fortführung unserer Beziehung und nach der Reinkarnation zu streben. Denn die Gefühle zwischen uns waren in jeder Hinsicht echt, bestanden aus eigener Erinnerung und liessen und stets mit Kraft und Elan an alle Aufgaben herangehen, so dass wir die Dynastie des Sekhem mit Stolz repräsentieren durften. Es war fast als würde aus unser Liebe heraus eine Kraft entstehen und erwachsen, ohne dass es nötig war diese Ressource in den Kreislauf einzugeben, was natürlich ein abwegiger und auch gefährlicher Gedanke ist, der vielmehr ein Gefühl denn eine Tatsache ausdrücken soll. Natürlich litt die Effizienz deiner Person durch vollkommenen vorhersehbare Alterungserscheinungen deiner körperlichen Hülle, die nach einer gewissen Zeit einer Erneuerung oder Aufwertung bedurfte. So war es aus rein objektiven Gesichtspunkten der hohen Rikan nicht abwegig zu entscheiden dich nach deinem Dahinscheiden noch nicht einmal mehr in die Kaste der Träumer zu reinkarnieren, sondern wie viele andere aus dem Volk der Edalphi eine Erhebung in eine niedrigere Klasse durchzuführen um Ressourcen zugleich für Wesen zu nutzen, die diese produktiver zurückbefördern können. Ich mag es definitiv nicht einen Fehler im System nennen, vielmehr eine selten auftretende Anomalie der unberücksichtigten Effizienz-Erhöhung einer ungewöhnlichen Konstellation in der Tatsache sehen, dass unsere gemeinsame Reinkarnation in der Kaste der Träumer für die Gesellschaft einen grösseren Nutzen versprechen würde.

Um diesen Umstand an die Entscheider heranzutragen und entsprechende Maßnahmen in die Wege zu leiten, waren große Opfer nötig. Deswegen ist bedauerlich und schmerzvoll zu erkennen, dass es viel länger dauern würde als es zunächst absehbar war. Womöglich hätte ich dich frühzeitig in meine Pläne einbeziehen sollen, aber vermutlich wäre auch diese Erinnerung mit deinen Gefühlen und dem was uns verband bei deiner Erneuerung verloren gegangen. Doch nun bleibt mir nur noch die dies Geheimnis zu offenbaren und einen Versuch zu wagen zu erklären wie ich eine solch hohe Schuld einzugehen bereit war. Denn der Preis um dein neues Leben in der Kaste der Träumer zu erhalten war weit höheres als meine oder unsere bescheidene Möglichkeiten. So blieb mir zunächst nur gemäß den Regularien des Systems begrenzten Nutzen aus der Ineffizienz oder Beschränktheit anderer Wesen zu ziehen. Doch obwohl ich einige unter mir in den Ruin trieb, Existenzen nachhaltig vernichtete oder die geltenden Gesetze bis kurz vor dem Brechen biegen konnte, so war es nicht genug. Letztendlich musste ich mich zwischen drei Möglichkeiten entscheiden: Absolut indiskutabel war für mich ein Kampf gegen das System, denn niemals würde ich es wagen, weder in einer Reinkarnation noch in einer unerwünschten Erhebung, den Diebstahl kostbarer Ressourcen in Erwägung zu ziehen. Diese dürften nur gemäß der geltenden Vorschriften errungen werden, auch wenn dies verschiedene Varianten beinhaltet, die durchaus dem einen der oder anderen Wesen zum Nachteil gereichen.

Weiter offenbarte ER mir die Chance von mir selbst etwas zu geben, was zum damaligen Zeitpunkt wertvoll genug hätte sein können, den Preis zu zahlen. Zuletzt waren meine Fähigkeiten, Erfahrungen und Wissen in kostbare Erinnerungen gespeichert, die der Gesellschaft als Ressource einen großen Mut hätten sein können. Doch dies hätte nicht nur bedeutet meine Effizienz an sich zu schmälern, sondern auch die Erinnerungen an dich und womöglich sigar meine Liebe aufzugeben. Dazu war ich nicht bereit, denn meiner Ansicht nach hätte die Umverteilung dieser meiner Erinnerungen für die Dynastie des Sekhem einen Verlust bedeutet, den ich nicht bereit war zu verantworten. Also blieb mir nur jener Weg, der mir nun offenbar zum Verhängnis geworden war, denn obwohl ich das hohe Risiko kannte, ging ich doch darauf ein. Die Schuld, die ich auf mich nahm, war sehr viel höher als ich fähig war sie zu meinen Lebzeiten zurück zu zahlen, also musste ich noch viel mehr verpfänden. Mir war klar, dass mich dieser Vertrag, stark am Rande dessen, was die Negatoren noch zu tolerieren bereit sind, möglicherweise von einer Reinkarnation in der Kaste der Träumer ausschließen würden. Doch damals hoffte ich noch, dass mir auf Kosten anderer die Möglichkeit gegeben wären die geforderten Ressourcen aufzubringen. Du warst perfekt als du zurückgekehrt bist, denn Körper vollkommen erneuert mit frischem Leben und mit dir die wichtigsten Erinnerungen um deine Aufgaben bis in zur Perfektion zu erfüllen. Leider beanspruchte die Reinkarnation aber auch bei dir einen Teil deines alten Selbst, so ließest du die Erinnerungen an unsere gemeinsame Liebe hinter dir zurück. Es war ein wundervolles Gefühl dich in deiner neu erblühten Existenz zu schauen, denn du widersprachst so schön allen Vorurteilen über die Ineffizienz deines Volkes. Doch zugleich war es für mich auch schmerzhaft so weit von dir entfernt zu sein, so dass ich erwogen habe, welche Möglichkeiten es geben könnte dir den fehlenden Aspekt deines vergangenen Wesens zurück zu geben. So kam ich zu dem Punkt, da ER mir anbot einen Teil meiner Erinnerungen zu extrahieren, so dass ich sie dir überreichen und du Einblick in unserer Vergangenheit nehmen könntest. Obwohl ich von dem Risiko dieser experimentellen Verwendung der Hephazit Kollektionen wusste, sah ich jedoch unheimliches Potential in einer erneuten Verbindung zwischen uns, die stark genug sein würde um meine baldige Reinkarnation zu überdauern, was eine nie dagewesene Effizienz innerhalb der Dynastie des Sekhem zur Folge hätte haben können. Doch es ging schief, zu viele Erinnerungen und andere Kräfte verließen meinen Körper, mehr als mein altes Leben hat ertragen können. So trat ich meine Reise zurück zum Ursprung früher an als ich dies beabsichtigt hatte. Im Regelfall wäre mein unerwartetes Ableben aber auch nicht problematisch gewesen, denn sowohl meine Leistungen als auch die gängige Praxis beim Umgang eines Verbrauchten Kan in der Dynastie des Sekhem hätte einer baldigen Reinkarnation meines Wesens führen müssen. Doch wie ich schon ausführte hatte ich noch eine viel zu große Schuld zu begleichen, die zum entsprechenden Zeitpunkt leider die Konsequenz hatte einen Großteil der aus meinem Ableben gewonnenen Ressourcen anderweitig zuzuordnen, weswegen ich mich erhoben in das Kaste der Schlafenden wiederfand. Er kam also viel schlimmer als ich es mir je hätte vorstellen können.

Doch die Geschehnisse haben auch ihre guten Seiten, denn die Erinnerungen an uns haben ich nicht verloren. Gerade kann ich tatsächlich auch nicht ermessen welches Wissen und Fähigkeiten zurück geblieben sind, womöglich weil ich es bedingt durch fehlende Erinnerungen gar nicht erst vermisse. Nun blicke ich zu dir auf und verstehe, anders als viele minderbemittelte Schlafende, wie erstrebenswert der Weg der Erleuchtung ist, die Möglichkeit in der Kaste aufzusteigen und zu den Träumern zu gelangen. Tatsächlich war es dringend notwendig für mich das Gespräch mit dir zu führen und die Bruchstücke meiner Erinnerungen in diesem Brief zu verarbeiten. Nun ist es mir mit absoluter Gewissheit klar geworden, dass all die Ereignisse und Schicksalsschläge notwendig waren um am Ende die perfekte Effizienz in der gemeinsamen Erleuchtung zu erreichen. Es war wichtig einen Teil einer Ressourcen in deine Richtung fließen zu lassen, auf dass du den vorgesehenen Platz in der Dynastie ausfüllen kannst. Nun wird es lediglich noch eine oder andere Generation erfordern, ehe es mir gelungen ist wieder zu dir zurück zu kehren. Du hattest vollkommen Recht. Es wäre falsch für dich in irgendeiner Form Ressourcen an einen Schlafenden zu verschwenden, der Verlust in irgendeine Richtung wäre zu groß. Und genau so kommt es nicht in Frage, dass du dich mit einer solch geringen Kaste abgibst. Ich kann den Aufstieg nur allein aus eigener Kraft schaffen, denn dann nehme ich etwas von anderen was dir dann wiederum nicht schaden wird. Tatsächlich habe ich schon ein paar Individuen erkannt, die ihren Abstieg in die Kaste der Schlafenden mit zu verdanken haben. Und da es immer noch weiter nach unten geht, hab ich schon ein paar Ideen, wie deren Existenz zumindest für meinen Plan noch einen Nutzen haben wird.

Es ist also nur eine Frage der Zeit, ehe wir wieder zusammen sind. Bis dahin musst du dich nicht um mich sorgen und kannst dich ganz der Erfüllung deiner Aufgaben widmen. Es ist äußerst wichtig, dass es dir weiterhin gelingt in der Kaste der Träumer zu bleiben und dabei jede nur erdenkliche Möglichkeit auf dem Weg zur Erleuchtung zu nutzen. Blicke also nicht nach unten, sondern richtigerweise zurück nach oben!