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Die Geschichte von Sir Robert

Sagen und Legenden haben unter Uns Ancorianern ein lange Tradition. Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass man nicht durch dieses wieder erwachende Land gehen kann ohne unter toten Bäumen, in ausgetrockneten Flussläufen und zwischen längst Vergessenen Ruinen Geschichten aus uralter Zeit zu hören.

Diejenigen von uns welche treu zu König Garvan dem Ewigen und seiner Königin gestanden haben werden nicht vergessen und wieder erweckt … alle Anderen erhalten das was Sie verdienen für Ihren Verrat … den „Segen“ Terras, der wie wir alle wissen zuerst in der Sinnlosigkeit des Vergehens und zu letzt im endgültigen vergessen werden liegt.

Bitte lasst mich eine dieser Geschichten aus den Zeiten kurz vor dem Weltenbrand erzählen.

Sie handelt von den Dingen nach der es einer aufrechten Seele nicht mangeln sollet.

Sie handelt von ewiger Treue und ewiger Liebe … und natürlich von Haß, Verrat und falsch verstandenen Idealen.

Wie alle guten Geschichten handelt Sie von dem Kampf zwischen dem Aufrechtem und dem Falschen dem Trügerischen. Eine wirkliche Geschichte handelt eben nie von Gut und Böse sondern wirklich bedeutenden Dingen.

Dieses ist die Geschichte von Sir Robert, the Fox, Earl of Wakefield seinem Sohn und Squire Ben of Wakefield, Lady Myrell Irdahl of Wakefield der Dame des Hauses und dem Verräter Sir Glennoth of Kabise sowie dem frühen Kampf der zweiten Schöpfung um ein Recht zu existieren.

Streift man heute durch die ehemalige Grafschaft Wakefield kann man zwischen Trümmern, Ruinen und toten Bäumen, erahnen wie vor unendlich langer Zeit es sich zugetragen haben mag.

Der Vollmond schien hell über die Baumwipfel und tauchte die Zinnen der alten Burg in ein fahles Licht. Der dreistöckige Hauptturm trohnte dabei wie ein mächtiger Riese über den spitzen Dächern der angrenzenden Gebäude. Efeu rankte sich an den Mauern entlang und erweckte den Eindruck, als wenn das Gebäude mit dem nahen Wald verwachsen sei. Die Stimmen der Nacht drangen nur zaghaft aus dem Forst. Ein einsamer Wachposten sah müde vom Torhaus auf den gepflasterten Weg, welche schon nach wenigen Schritten in der Dunkelheit verschwand. Sein Blick verlor sich in den Weiten der Nacht und ließ ihn seine Umgebung mit anderen Sinnen wahrnehmen. Eine nahezu unnatürliche Stille schien über diesem Ort zu liegen, so als ob die Zeit anhalten wollte.

Doch der Moment der Ruhe währte nur kurz. Mehrere Ereignisse zerstörten das Stilleben in Raum und Zeit. Ein Schmerzensschrei aus dem Ostturm, in dem die Baronin ihr Gemach hatte, ließ den Posten zusammenzucken. Es war nicht der erste dieser schrecklichen Schreie in dieser Nacht. Aufgeschreckt flatterte ein Schwarm Fledermäuse vom Dachgiebel in die Nacht hinaus. Nach bevor der Wächter sich wieder gänzlich fassen konnte, wurde er eines Reiters gewahr, der in vollem Galopp aus der Dunkelheit brach und auf die Zugbrücke zuritt. Noch etwas verstört brüllte die Wache Befehle hinunter in die Wachstube, wodurch hektische Bewegung am Tor ausgelöst wurde. Ein Reiter in dunklem Leder und Kette rief den Wachen am Gitter die Losung zu und wartete voll Ungeduld auf die erste Bewegung im Tor. Kaum war der Weg frei gab er seinem Rappen die Sporen und trabte in den Burghof. Geschickt sprang er aus dem Sattel, während er dem Hauptmann der Wache schnelle, abgehackte Sätze entgegenkeuchte.

Der große Saal war hellt vom warmen Flackern des Feuers, das prasselnd im Kamin brannte. Ein Mann mittleren Alters mit gepflegtem kurzem, frühzeitig ergrautem Vollbart und Haar, gekleidet in dunkle Seide und kostbaren Brokat, schritt nervös im Raum auf und ab. Das Licht des Feuers, welches sich in den glänzenden Waffen, die entlang der Wände aufgehangen waren, brach, ließ unruhige Schatten auf seinem aristrokratisch geschnittenen Gesicht tanzen. Die beiden Diener links und rechts der Tür warfen sich von Zeit zu Zeit kurze Blicke zu.

„Wäre es nicht an der Zeit, noch einmal nach meiner Gemahlin zu sehen, Duncan?“ fragte Baron Robert Wakefield. Der angesprochene ältere Mann mit schütterem weißen Haar und ebenfalls in teure Gewänder gehüllt, antwortete: „Verzeiht mir, Euer Gnade, doch seit dem letzten Mal ist das Stundenglas noch nicht ganz abgelaufen und die Zofe Eurer Gattin teilet mir mit, sie ließe es Euer Gnaden sofort wissen sobald Problikationen eintreten würden oder ihm das ersehnte zweite Kind geboren werde.“ Es schien, als wolle der Baron seinen Berater und Kastellan der Burg Wakefield anschreien, ihm seine Sorge um den schrecklichen Fluch welche der Priester der falschen vergöttlichung Terras vor seinem Tod auf dem Scheiterhaufen ausgestoßen hatte, ins Gesicht schreien, doch dann nickte er nur und setzte seine endlos erscheinende Wanderung durch die Halle fort. Duncan wusste was seinen Herrn bewegte nachdem Truppen aus dem Osten auf Terra Ancor zumaschiert waren, nachdem man König Garvin und seine Gattin zu Erzheretikern ausgerufen hatte rebelliert die alte Priesterschaft gegen Adel und Recht. Aller Orts wiegelten sie das einfache Volk auf sich gegen Adel und König zu erheben, als ob die Jahre der Dürre, der Missernten und der schrecklichen Winterstürme nicht genug gewesen wären … . Einzig die Segen der neuen Priester aus der Universität von Terra Ancor konnten die Flüche aufheben an welchen alle Untertanen der Königs zu tausenden starben. Wunderheiler waren sie alle, diese Gelehrten. Kaum schien der Tod eines Menschen unausweichlich eilten sie herbei um den Segen des Königs und seiner Königin zu geben, danach waren alle von denen man gehört hatte genesen.

Ein solcher Gelehrter Medicus war jetzt in den Gemächern der Baronin.

Duncan der Kastellan von Burg Wakefield hatte Vorsorge getroffen, kein Kind eines Getreuen würde je wieder das Licht der Welt erblicken, keine Frau würde je wieder eine Geburt überleben hatte es aus den krächzenden Totesschreien des falschen Priesters geheißen.

Sein Herr und er waren sich einig, wenn Garvin der Weise … welchen man mancherorts auch den schon den Ewigen nannte, aufgrund seines hohen Alters, sich dazu entschlossen hatte den Kult um die Elemente als das zu demaskieren was er war … ein Aberglaube, würden sie treu an seiner Seite stehen. Das Reich wird in ein neues Zeitalter geführt in denen Vergöttlichungen von Naturgewalten oder Naturgesetzten nichts mehr zu suchen haben. Aufklährung und Wissenschaft werde herrschen in der Zukunft. Sie alle waren dabei die alten Götter zu töten … weil sie eben keine Götter waren. Das Reich Terra Ancors braucht keinen Götter neben seinen Herrschern welche offensichtlich alles Heil der Welt besaßen und es an jeden, auch noch so Niederen freiwillig verschenkte, in der Not und die Not war groß zu dieser Zeit.

Fußtruppen suchen ihr Heil in der Flucht und werden ebenfalls aufgerieben. Es war ein schreckliches Gemetzel. Kurz vor dem Fall der Feste Dyrisas haben sich Gouverneur Vernath und seine Berater in Richtung Terra Ancors abgesetzt. Ihren Rückzug zu decken hat uns die letzten Männer gekostet … einige von Ihnen sogar mehrmals … ich werde später genau berichten. Der grausame Feldherr dieser Strafexpedition, wie sie es nennen, ist nun auf dem Weg nach Terra Ancor um uns den Todesstoß zu versetzten. Sie geben für Niemanden Pardon … auch nicht für die Kinder … sie töten sogar das Vieh … sie brennen Alles in ihrem Weg nieder.“ Außer Atem, taumelte der junge Knappe und Hauptmann Serk musste ihn stützen.

„Trink einen Schluck und berichte dann weiter.“ Sprach Baron Wakefield und reichte seinem Sohn einen Becher mit Wein. Als sich der Erbe erholt hatte, fuhr er fort: „Die Front hat sich nun auf breiter Linie nach Süden verlagert und ich bin ausgesandt, alle Gefolgsleute des Laird Garrick von Corpsdale welche dem König die Treue halten aufzusuchen, um die Stadt vor der entgültigen Vernichtung zu bewaren. Unser König hat Alle zu den Waffen gerufen welche noch rechten Herzens sind … auch die Holds. Mit Verlaub Herr ich würde gerne mit einem frischen Pferd wieder aufbrechen, um sie zu den Waffen zu rufen. Auch muß Shawn Osryk von Camwick gewarnt werden … das Tal der friedlichen Ruhe ist genau in Marschrichtung dieser Horden und kann schon in wenigen Tagen erreicht werden. Einzig ihre unersättliche Mordlust verlangsamt ihr Vordringen.“ Der Baron stimmte seinem Sohn zu und dieser heilte zu den Ställen. Vergessen waren die Baronin und Ihre Wehen. Die Verbündeten, wenn nicht gar das ganze Königreich, waren in Gefahr man durfte keinen Augenblick zögern. „Duncan, sende sofort Boten zu den Höfen unserer Ritter, auf dass sie sich in zwei Tagen mit ihren Knappen und Soldaten in der Burg einfinden. Dann stelle meine Rüstung und meine Waffen bereit. Auch sollten Kundschafter ausgesandt werden, um zu sehen, ob Schergen dieser Verblendeten auch auf meine Ländereien zumaschieren.“ Dem Baron von Wakefield lagen noch viele Befehle auf der Zunge, doch in diesem Moment betrat Lisell, die Zofe der Baronin, freudestrahlend die Halle. Verwirrung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als sie die finstere Mienen der Männer sah, doch fiel ihr zugleich wieder der Grund ihres Hierseins ein und sie sprach zum Baron: „Frohlocket, Euer Gnaden, denn Euch ist eine gesunde Tochter geboren, sie schreit ihre Freude am Leben aus vollem Halse in die Welt hinaus, allen Flüchen zum Trotz. Eure Gattinn jedoch … .“ Der Baron wurde leichenblaß und stieß zwischen den Zähnen hervor: „Was ist mit meiner Gattin … redet?“

„Auch Eure Gattin ist wohlauf und erwartet Eure Ankunft in ihren Gemächern, obwohl ich kurzfristig große Angst um die Herrin hatte … Sie war so schwach … und all das Blut … dann hat Sie aber gebetet zusammen mit dem Scholar … ich dummes Ding hatte einige Zeit gedacht sie seih tot … aber auf einmal hat sie wieder angefangen zu atmen … Terra seih dank!”, keuchte die Zofe. In diesem Moment schob sich der Scholar, welche man seit kurzem Equilibrius nannte, in den Raum: „Terra hat damit gar nichts zu tun … törichtes Weib!!! Verehrter Graf Robert von Wakefield … Eure Gattin hat sich ganz wie Euer Wappentier es vermuten ließe von dem letzten Leben … in ein Neues geschlichen. Ich hätte nie gedacht das Sie solche Kraft besitzen würde. Eure Tochter habe ich unserer Königin geweiht … sie wird in ein Kloster eintreten so sie erst ausgewachsen ist … anders hätte ich Ihre Seele nicht aus der Klauen der Hexe Terra befreien können … der Fluch war zu stark … ich benötigte die Hilfe unserer Königin … meiner Göttin. Ich hoffe Ihr habt Einsicht Euer Gnaden.“

Diese zwei bewegenden Nachrichten in so kurzer Zeit ließen Herrn Robert taumeln und er wusste nicht ob er sich freuen oder fürchte sollte. Was auch die Zukunft bringen Möge … er hatte eine gesunde Tochter und eine wiedergeborene Frau … auch gesund wie es schien … gesegnet seih König Garvan und seine kluge Königin. Er war führ einen Moment der glücklichste Mann auf dem Erdkreis und er war so Stolz auf seine Gattin und seine Tochter. Sie hatten Terra selbst getrotzt, nicht mehr aber auch nicht weniger konnte man jetzt von ihm verlangen.

Der kühle Nachtwind im späten Oktober trieb eine dichte Wolkendecke vor sich her, die den sternklaren Himmel schnell verdunkelte. Eine fast spürbare Spannung lag über dem Dorf Wakefield am Rande des Kehm-Moores. Die Hütten der Bauern waren allesamt dunkel und die Siedlung machte einen verlassenen Eindruck. Doch einem gründlichen Beobachter wäre das Flackern von die zahlreichen Fackeln am Rande des Dorfplatzes neben dem Teich nicht entgangen. Eine Art mitternächtliche Versammlung schien dort abgehalten zu werden. Bei näherem Hinsehen wären die Waffen der Bauern, bestehend aus Mistgabeln, Sensen, Sicheln, und auch Speeren, aufgefallen, welche dieser Versammlung den Schein der Harmlosigkeit nahmen. In der Mitte der annähernd fünfzig Männer und Frauen stand ein grobschlächtiger, hochgewachsener Mann mit pockennarbigem Gesicht und zerzaustem Vollbart, der auf seine Mitdörfler eindringlich einredete. „Wollt Ihr, dass der Frevel ungesühnt bleibt? Wollt Ihr, dass Perversion und Unzucht Einzug halten in unser einfaches, doch glückliches Leben? Wollt Ihr, dass Terra ihr Antlitz verhüllt, vor unserer Feigheit, dem schändlichen Treiben ein Ende zu setzten? Wollt Ihr, dass die Hexe ihre Spinnenweben ausbreitet und unser Vieh verflucht, unsere Kinder krank macht und unser Leben zur Hölle auf Erden wird?“

Der gewandte Sprecher machte eine Pause, um die Wirkung seiner Rede auf die Bauern zu sehen. Hatten sie bei seiner ersten Frage noch gezögert und vereinzelt Unmut geäußert, so wurden sie im Verlauf seiner Rede immer selbstsicherer und ließen sich von seinen Worten mitreißen. „Wollt ihr mir nun folgen, wie ihr es am Nachmittag noch versichert? Wollt ihr gemeinsam gegen die Hexerei kämpfen? Wollen wir im Namen Terras das ausmerzen, was nicht leben soll, so folgt mir! Folgt mir durch die Wälder zum Hort des Bösen und befreit die Baronie von der Herrschaft der Hexe und ihrer Diener!“ Und die Bauern nahmen die anfeuernden Worte des Köhlers mit Begeisterung auf. Sie sprachen sich gegenseitig Mut zu und schwangen kühn ihre Waffen.

Doch Korm, der Schmied, bekannt für sein gutmütiges Wesen, hatte Einwände. „Hör mal Warlen, ich finde es nicht Recht, dass wir uns gegen den Baron auflehnen sollen. Du hast uns zwar gesagt, dass Ritter Glennoth auf unserer Seite wäre und dass wir das Böse bekämpfen müssen, aber Baron Wakefield ist immerhin der Herr unseres Ritters. Und das seine Frau eine Hexe sein soll, will mir nicht so recht in den Kopf.“ Darauf keifte Jennis, die Witwe des Dorfschulzen, dazwischen: „Du bist ein feiger Kerl, Korm. Jeder hier im Dorf weiß doch, wie die Hexe in Wakefield die Frau des Müllers mit ihrer Magie getötet hat, als diese im Kindbett lag. Auch die Kühe vom Bauern Relag hat sie verhext. Und erinnere dich nur an die Missernte vom vergangenen Herbst, nachdem der Baron und sie unser schönes Dorf besucht und Maris ihr Wein über das Kleid gegossen hatte.“ Alle nickten, denn Jennis war immerhin die Witwe des Dorfschulzen. Und der hatte immer Recht behalten mit seinen Worten. Außerdem war Korm nicht besonders helle.

„Wollt Ihr mir nun folgen um das Weib in die Leere zu schicken, wo sie hingehört?“ rief Warlen und hob herausfordernd seinen Speer. Die Bauern stimmten durch Rufe und Gesten zu und gemeinsam schritten sie auf den nahen Waldrand in Richtung des Moores zu. Ihre vor Haß und Angst verzerrten Gesichter zeichneten sich düstern im Schein der Fackeln wieder, als die Prozession an der Wegkreuzung zum Landgut vorbeikam. Auf seinem Kriegsroß saß dort Ritter Glennoth Kabise und nickte dem Anführer der Bauern, dem Köhler bestärkend zu. Dann verschwand die Bauernmeute in der Dunkelheit und der Ritter lenkte sein Pferd bedächtig nach Hause. Seine Gedanken wirbelten um den angelaufenden Plan zum Sturz des verhassten Barons. Bald schon sollte die Familie Wakefield ausgerottet sein und man würde ihn, Ritter Glennoth, zum neuen Baron und Herrn über Wakefield ernennen, welches dann freilich Kabise heißen würde wie er. Tiefe Zufriedenheit zeigte sich auf dem Gesicht des Ritters.

Das Herz voller Gram, kniete Baron Robert von Wakefield am Bett seiner Frau und betrachtete sie und seine Tochter Fey mit der ganzen Liebe, deren er im Augenblick fähig war. Statt seiner Frau in den nächsten Tagen beizustehen, mußter er in der Krieg ziehen und für seinen König die Horden der Verblendeten zurückschlagen. Der Gedanke, dabei den Tod zu finden streifte ihn nur kurz und ließ ihn fast verzweifeln. Sollte sein Sohn vor dem Ritterschlag und seine Tochter allein, ohne leitende Hand aufwachsen und seine junge Frau so früh zur Witwe werden? Die Baronin scheinbar zu Tode erschöpft griff nach seiner Hand: „Es war zwar niemals deine Art auf dein Weib zu hören …“, lächelte sie milde fast wie ein junges Mädchen was zum Erntefest ihrem Liebsten einen Kranz reicht, „ … aber vertraue auf die Königin … selbst wenn tausend Speere dich durchbohren … wir werden ewig zusammen sein … habe keine Angst vor dem Tod … ER … er ist nicht das Ende für die welche treu sind zu sich und den Ihren … und das bist du mein Gemahl und deshalb liebe ich dich über alle Vernunft hinaus.“ Er küsste Myrell, die inzwischen eingeschlafen schien und in ihre Kissen zurückgesunken war, sanft auf die Stirn und verließ leise das Zimmer. Sie ist so tapfer, sie muß eine Unmenge an Blut verloren haben und sie war ganz kalt dachte er im weggehen. Was für ein Glück er doch gehabt hatte , auf der Reise nach Terra Ancor, kurz nach dem Tod seiner ersten Frau Matwe, dieses bezaubernde Wesen kennen und lieben gelernt zu haben. Das ihr Vater nur ein Gelehrter in dieser merkwürdigen Organisation, die sich die Gilde des Arkanenen Wissens nannte, gewesen war, hatte ihn bis heute nicht gestört. Und auch ihr großes Wissen um Heilkräuter und Heilkunde hatte ihn immer mehr fasziniert. Schon in wenigen Tagen, so wusste Robert , würde seine geliebte Frau wieder wohlauf sein und auch für die Gesundheit der Neugeborenen sorgen. Doch wo würde er in diesen Tagen sein.

Das verhallende Hufgetrappel im Hof kündigte an, dass der letzte der Boten die Burg verlassen hatte. Entblößt von ihren Soldaten lag sie nun da und Robert hoffte, daß seine Ritter in zwei Tagen zahlreich erscheinen würden, um gemeinsam mit ihm in die Schlacht zu ziehen. Der Baron betrat die große Halle, wo sich Duncan darum bemühte, den Bidenhänder der von Wakefields von seinem Platz über dem Kamin zu entfernen . Bald würde die mächtige Klinge wieder Blut schmecken. Doch das sollte früher eintreten, als Sir Robert es sich in diesem Moment vorstellen konnte.

Von einem Augenblick zum anderen war der Tumult da. Gestalten mit Wut verzerrten Gesichtern stürmten durch das offene Tor in den Burghof und schlachteten die beiden verbliebenen Wächter mit ihren Sensen und Sicheln dahin. Der Erbe des Barons of Wakefield, Ben of Wakefield, noch ein Knappe, zog sein Schwert und eilte von den Stallungen dem wütenden Mob entgegen. Er gab drei der Angreifer in schneller Folge einen gnädigen Tot bevor man ihn umkreiste und von allen Seiten zunächst in die Beine und später in den Körper stach. Sein letzter Gedanke galt seinem Herrn und Vater als er schon tödlich getroffen mit letzter Kraft: „Fluch über Euch Verräterpack!“ ausstieß und den Sattler Finn enthauptete.

Dann wurde er zu Boden gedrückt und sein Körper in Stücke gehackt.

Eine kleine Gruppe von Angreifern eilte hinter dem Köhler Warlen her zur Halle, wo sie die Tür aufstießen und auf den Baron und seinen Kastellan trafen. Beide waren gewarnt durch den letzten Schrei des Erben der Wakefields. Es folgte ein kurzer, doch heftiger Kampf. Überraschung zeichnete sich auf dem Gesicht Duncans ab, als ein Speer ihn an den Kamin nagelte und federnd in seiner Brust stecken blieb. Sein Herr hatte im ersten Moment mehr Glück. Unterbewußt wich er den heranfliegenden Geschossen aus und sein Bidenhänder biß tief in die Seite eines der herannahenden Bauern. Der Todesschrei des Müllers ließ seine Kumpane rasend werden und ihre Fackeln brachten Feuer über die Möbel und Vorhänge der Halle. Mit einem gekonnten Schlag enthauptete der Baron einen der Bauern und musste im Gegenzug einen Speerstich in die Wade hinnehmen. Durch den Tod des zweiten Mannes wurden die Bauern ängstlicher und wichen langsam vor dem Ritter zurück. Das Feuer breitete sich rasend schnell aus und sein glühender Odem machte das Atmen in der Halle schier unerträglich. „Dieses hier wirt nicht ungesühnt bleiben“, zischte der Baron mehr zu sich als zu den Angreifern, „Wenn es in dieser Welt noch eine Gerechtigkeit gibt möge Sie diesen Verrat sühnen und die Schuldigen strafen.“ Da endlich gelang es dem Köhler. Seinen Speer in den Hals Roberts zu stoßen. Ein Schwall heißen Blutes spritze Warlen entgegen und besudelte seine Tunika. Mit überquellenden Augen sackte der Baron zusammen und sein letzter Gedanke gehörte Myrell, die er nun nicht mehr beschützen konnte.

Eine zweite Gruppe Bauern drang unter Führung der Witwe Jennis in die Gemächer der Baronin ein. Als der wütende Mob auf die Dame zustürmte, warf sich ihre Zofe schützend über die Herrin. Die Hebamme kauerte ängstlich am Rand des Zimmers, lediglich von dem Equilibrius war nichts zu sehen. Auch hier taten die Flammen der Fackeln schnell ihr zerstörerisches Werk. Die Zofe wurde gepackt und bewusstlos geschlagen. Sie fiel auf die Wiege der neugeborenen Baronin und wurde den Flammen zum Opfer zurückgelassen. Die Baronin aber zerrten die rasenden Bauern halb bewusstlos und erschöpft von der Geburt aus dem Bett und schleiften sie aus dem Zimmer. Als Myrell erkannte, dass man ihr Baby im Feuer zurückließ, schrie sie vor Schmerzen auf. Dann umnachtete gnädige Ohnmacht ihre Sinne.

Im Morgengrauen wachte die Baronin auf und fand sich an einen Pfahl gebunden auf einem Haufen Reisig wieder. Um sie herum sah sie etwa dreißig verrußte und teilweise mit Blut besudelte Gestalten. In der Ferne wurde sie der Burg Wakefield gewahr, deren Turm immer noch in Flammen stand, jedoch schon stark zu qualmen begonnen hatte. So war ihr Leben also verbrannt. Hexe und das Böse an sich, nannten die Bauern sie und faselten etwas von Terras Willen und der Reinigung der Welt von allem Übel. In ihrem Schmerz nahm sie kaum wahr, dass die Bauern den Scheiterhaufen in Brand steckten. Doch der letzte Funke Lebenswillen in ihr nahm schließlich überhand und sie verstand plötzlich dass, man im Begriff war sie zu verbrennen. Ihr Vater fiel ihr plötzlich ein und seine lehrreichen Worte über das Feuer. Leise rezitierte sie in der Hitze der Flammen einen vor langer Zeit erlernten Zauberspruch und die Flammen wagten sich nicht mehr an ihren Körper. Mit Grauen sahen die Bauern, dass das Feuer langsam herunterbrannte, die Baronin aber nicht mit verbrannte. Da packte die Bauern die nackte Angst und sie wichen langsam von der Hexe zurück. Doch auch der letzte Zweifler sah nun den Beweiß für die Anschuldigungen und wusste, dass sie richtig gehandelt hatten.

In der Zwischenzeit war auch Ritter Glennoth in Wakefield eingetroffen, um den Erfolg seines heimlichen Heeres zu betrachten. Doch als es sich der brennenden Burg näherte, umklammerte Entsetzten sein Herz. Er hatte den Fall der Familie Wakefield gewollt, doch nicht die Vernichtung ihrer Feste. Ärger brannte ihm auf. Ärger über diese nichtsnutzigen Bauern, die über die Stränge geschlagen waren und seine Burg zerstörten. Ärger aber auch auf sich selbst, dass er Bauern die Arbeit von Soldaten hatte machen lassen. Schließlich wendete er sein Pferd und schickte sich an, zerknirscht heim zu reiten. Da wurde er seiner Bauern gewahr, die dabei waren Myrell, die Gattin des Barons, auf dem Scheiterhaufen anzuzünden. Langsam ritt Herr Glenoth näher heran und erkannte, dass die Flammen die an den Pfahl gekettete Frau zu verschonen schienen. Der bis dahin empfundene Ärger verwandelte sich plötzlich in Panik. Sollte die Dame tatsächlich über Hexenkräfte verfügen? Der Ritter sah, wie die Bauern, rasend vor Angst, ihr Heil in der Flucht suchten und sich in alle Winde zerstreuten.

Nun waren sie allein, der Verräter an seinem Herrn, an seinem König und Königin und die Baronin. Dumpf drang die Stimme Myrells aus den Flammen, doch bohrte sich jedes Wort direkt in den Verstand des Ritters. „Verflucht seiest Du, Glennoth Kabise. Warst Du nicht stets ein gern gesehener Gast an unserer Tafel? Hat Dir mein geliebter Gatte nicht stets wie einem Bruder vertraut? Die Flammen mögen meinen Körper zwar nicht verzehren, doch mein Geist ist schon tot. Gestorben ist er in der Stunde, als Deine Schergen meinem Sohn sowie meinem Gatten das Leben nahmen. und die Flammen meine neugeborene Tochter fraßen. Doch sollst du für das Unrecht, welches du uns antatest, nicht ohne Lohn ausgehen. Verflucht seiest Du und alle zukünftigen Herren von Kabise dazu sieben Tage nach der Geburt ihres ersten Sohnes dem Tod anheim fallen. Bis die Zeit kommen mag an der sich die Getreuen wieder erheben mögen und der junge Träger deines Namens über das Meer hierher zurück kommen wird. Dann wird er für den Verrat seines Vorvaters gegen seinen Lehnsherrn ritterlich Streiten, wie du es nicht vermocht hast. Dein Name soll für alle Zeiten mit dem Makel des Verrats an deinem Herrn und seiner Königin behaftet sein.“

Daraufhin packte den Ritter das Entsetzen, er gab seinem Roß die Sporen und floh in den Wald hinein.

Es sind nun viele Jahre nach dieser Tragödie vergangen …

Loyal Robert, the Fox, Earl of Wakefield und sein Sohn und Squire Ben of Wakefield stehn mitten unter uns … Sie haben sich als Getreue wieder erhaben … bleibt nun Abzuwarten ob Sie die Brut des Verräters Sir Glenoth of Kabise in den kommenden Schlachten wiederfinden werden. Eins steht fest der Segen der Knochenkönigen ist ewig über denen welche Ihr die Treu halten … so hoffen wir Alle das Terra vor Ihrer Bannung unter das Siegel des Südens ihre Verräterfamilie nicht vergessen hat … und ihnen immer zur rechten Zeiten Balgen geschickt hat um den Verräternamen weiter zu tragen.

Geschichten welche wirklich von Bedeutung sind handeln eben nie von Gut und Böse sondern von denen Dingen die wirklich greifbar sind. Von Pflicht, Treue und Liebe sowie Gier, Verrat und Haß.