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Vom Zeitalter der Waffenmeister

„Eine Ära des Friedens wenn trügerisch auch,
Eine Zeit des Aufatmens, nach langem Lauf,
Ein schöner Traum, bis zum Morgenlichte,
Ein Wimpernschlag Stille, im Lärm der Geschichte.“

-Gemurmeltes Lied eines alten Ouais

…All dies war das Zeitalter der Waffenmeister. Kriege hatte es immer gegeben, doch keiner war so absolut, so schrecklich und so inbrünstig gewesen, wie der gegen die Urzweifler. Es war eine neue Art des Krieges, die Mitraspera zuvor nie gekannt hatte, denn es ging nicht darum, vielleicht eine Beleidigung unter Herrschern zu rächen, dem eigenen Element zu dienen, sich eines Stückes Land zu bemächtigen oder schlicht die lange Weile zu vertreiben - es ging um die schiere Exstenz und die Zukunft Mythodeas. Aus einem Spiel der Mächtigen war blutiger, wahnsinniger Ernst geworden, indem es nur Sieg oder Untergang gab.
Das Glück war den Ahnen in jenen Tagen hold und der seelenlose Weltenzweifel konnte mit vereinten Mächten bezwungen werden. Doch war dies um den Preis vieler Leben, viel Schönem und unter großen Verlusten vielerlei Art geschehen. Und nun grauste es die Herrscher vor dem Krieg, der einst ihr Spiel gewesen war und die Völker sehnten sich mit ihnen nach Frieden.
So kamen angesichts des tief sitzenden Schreckens die Kriegsgewinner zusammen um gemeinsam Möglichkeiten zu erschaffen, wie in Zukunft Streitigkeiten unter den Mächtigen, die über einfache Gesetze hinaus gingen, beizulegen seien, ohne einander mit Krieg zu überziehen.

Was sie ersannen waren die Arenen von „Shan Meng-Ray“ und „Shan Meng-Feyn“, was in unserer Sprache „Stätte der weiblichen, bzw männlichen Gerichtsbarkeit“ bedeutet. An diesen Orten kämpften sogenannte Waffenmeister in rituellen Gefechten gegeneinander, stellvertretend für die Streitparteien. Dem Sieger des Duells wurde auch das Recht im Streit zugesprochen. Der Waffenmeister gab es viele. Hart war ihre Ausbildung und hart war Leben, doch galt es als große Ehre in den Arenen dienen zu dürfen. Jeder Waffenmeister war einem Element der alten oder der neuen Schöpfung verschrieben, aber keinem Herrscher direkt. Ein solcher konnte einen Waffenmeister rufen um ihn für sich kämpfen zu lassen, je nach dem Element, das ihm am nächsten war. Es wurde genau Buch geführt, wer was gegen wen vorgebracht, wer gekämpft und wer den Kampf gewonen hatte.

Als Ort der Arenen wurde für Shan Meng-Ray ein Ort an der Südspitze des nördlichen Kontinents, für Shan Meng-Feyn aber die legendäre Stadt As'Shan gewählt, ein Ort der wie kein Zweiter in der mitrasperanischen Geschichte vom Schicksal gezeichnet worden war. Während die Stätte der weiblichen Gerichtsbarkeit auch ein Ort des Dialogs war und so mancher Streit friedlich beigelegt wurde, so wurde in der Stätte der männlichen Gerichtsbarkeit meist sofort zum Schwert gegriffen.

Hier muss nun eine Besonderheit der Arenakämpfe erklärt werden: Es war jedem Waffenmeister streng verboten sein Gegenüber tödlich zu verwunden, Zauberei zu verwenden, oder absichtlich zu verlieren. Das Leben der Kämpfer wurde außerdem durch die Magie der Arenen geschützt. Trotzdem geschar es wohl mit der Zeit, dass die Leiber der Waffenmeister durch die vielen Wunden aus unzähligen Kämpfen so an Kraft und Gewandheit verloren, dass kaum einer in der Lage war, das Amt über lange Zeit zu tragen. Deshalb wurden an den Arenen auch stets Anwärter geprüft, neue Kämpfer ausgebildet und schließlch in die Reihen der Waffenmeister aufgenommen um im Dienst ihres Elementes den Frieden der Welt zu erhalten.

„Weh, oh wehe: Krähenschwärme
steigen zum Himmel wie teeriger Rauch.
Wetter leuchtet in der Ferne.
Nun dämmert der große Krieg herauf.“

-Vergessener Orakelspruch vom letzten Tag vor der Zeit ohne Zeit

Um nun zu begreifen warum der Friede, den die Arenen brachten, nur kurz andauerte, ist es wichtig sich klar darüber zu sein, dass diese nur Bestand haben konnte, solange sich alle Mächtigen an die vereinbarten Abkommen hielten und die Richtsprüche aufrichtig akzeptierten. Der Anlass des Endes der Ära der Waffenmeister ist rasch erzählt, doch die Ursachen sind tiefliegend.

Es begab sich, dass der Erschaffer und Herrscher der Leere, „Ar'Nathan“ das Aeris Portalnetzwerk korrumpiert, mit Negation verseucht und darüber hinaus tausende Unglückliche seines eigenen Volkes (der Uhlanen) vernichtet hatte. Dafür forderten die herrscher Aeris' seinen Kopf und Shan Meng-Feyn sollte über sein Leben entscheiden.
Den Kampf fochten die Waffenmeister Ashantiala für die Leere, und Ar'Janka Mellesan für Aeris. Leztere war es, die durch die Leere schon unsagbares Leid erfahren hatte und deren Hass auf die Anhänger der Negation ohne Gleichen war. So kam es, dass Ashantiala nicht nur besiegt, sondern durch ihre Kontrahentin dermaßen zugerichtet wurde, das selbst die Magie der Arenen nicht mehr in der Lage war ihr Leben zu retten. Aufgrund dieses Regelverstoßes akzeptierte Ar'Nathan sein Urteil nicht und nahm das Geschehene zum Anlass sogleich alle anderen Herrscher zu seinen Feinden zu erklären und eine von langer Hand geplante Falle auszulösen, mit der er die gesamte Schöpfung in die Negation zu reißen gedachte. Auch wenn sein Vorhaben scheiterte , so hatte dies doch den totalen Krieg der ersten gegen die zweite Schöpfung zur Folge. Die Ära der Waffenmeister war zu Ende.

Die eigentliche Ursache jedoch liegt wohl in der prinzipiellen Unvereinbarkeit der ersten mit der zweiten Schöpfung und in der Bösartigkeit der letzten. Es ist bezeichnend, dass grade der Meister der Leere die Zeit des Friedens nur dazu nutze, um zum Schlag gegen die Welt auszuholen und ein großes Glück, das Mellesans zorniger Sturm ihm nicht noch mehr Zeit lies.

Nachdem im Zuge der Wiederbesiedlung die alten Stätten wiederentdeckt wurden und so Mancher aus alter Zeit die Orte noch als Geist heimsucht, gibt es einige unter den Siedlern, die den alten Traum wieder träumen und den Arenafrieden wieder errichten wollen. Siedler haben sich als Waffenmeister prüfen lassen. Doch von einem Frieden ist Mitraspera weiter denn je entfernt.

„Das Zeitalter der Waffenmeister war ein dünner Kokon aus geträumtem Wunsch der jedoch, als sich die wahre Natur der zweiten Schöpfung entpuppte, zerreißen musste.“ -Notiz eines unbekannten Gelehrten

(Dieser Text ist eine Abschrift aus der ursprünglichen Wanderbibliothek der Ouai)