Brief/Notizen von Garvan
Bin ich ein Narr, an die Unsterblichkeit zu glauben? Ist meine Suche umsonst? Nein!
Ich kann die Hoffnung nicht aufgeben. Mein Versuch auf der Festung im Sturm ist gescheitert, aber ich bleibe wacker. Ich lerne jeden Tag neue Geheimnisse dieser Welt der Magie, der Nekromantie. Ich komme stetig meinem Ziel näher. Ich weiß es!
Ich bin besessen von der Idee, sagt er! BESESSEN! Er versteht nicht. Als ich als Kind fast dem Fieber erlag, und die andere Seite erblickte, das NICHTS, das ENDE, da wusste ich, dass ich niemals dorthin gehen wollte! Ich klammere mich verzweifelt an dieses eine Leben, das ich habe, denn die Wahrheit auf der anderen Seite ist nicht zu ertragen.!
Sie nennen es einen Kreislauf? Nein! Der Kreis schließt sich nicht, der beginnt nicht von vorne!
Im Tod wartet nur die vollkommene Aufgabe unseres Ichs auf uns! NICHTS bleibt von uns, unseren Gedanken, unseren Plänen und Hoffnungen!
Kinder, die wir in die Welt setzen, Imperien, die wir errichten, Reichtümer, die wir ansammeln, sie verschwimmen in der Bedeutungslosigkeit mit dem Tod.
BESESSEN, sagt er? Nein. Ich habe nur MEHR, nein ALLES gesehen, und ich habe VERSTANDEN!
Wie eine durchgemachte Nacht im Kerzenschein. Die Buchstaben der uralten Schriften verschwimmen vor meinen Augen, meine Finger sind wund vom Blättern des brüchigen Pergaments. Aber es hat sich gelohnt!
Wieder habe ich einen Hinweis auf ein Ritual gefunden, das ewiges Leben schenken soll.
Natürlich kostet es, es kostet immer, aber ich bin bereit, jeden Preis zu zahlen.
Das Artefakt ist erschaffen. Der Ring, recht unscheinbar im Design, vibriert sichtbar vor Macht. Einen Splitter meiner Seele nur habe ich hineingegeben und das Schmuckstück ist fast in meiner Hand zersprungen, so sehr zerrt die pure nekromantische Energie an dem Metall! Ha! Unglaublich! Welch Narren die Nekromanten vor mir waren, dass sie sich selbst so limitiert haben! In nur einem Leben habe ich sie alle überflügelt. Was könnte ich nur in hunderten, tausenden, unendlich vielen Leben erreichen!? Mein Erbe? Pah! Wer braucht schon ein Erbe oder Nachkommen, wenn man ewig lebt? Ich bin mein eigenes Erbe! Mein eigener Stolz! Mein eigenes Vermächtnis!
Ein Ort für das Ritual ist gefunden. Die Expedition wird tief in unerforschtes Waldgebiet führen, aber die Aufzeichnungen sind deutlich: Hier kommen Kraftlinien zusammen, deren Energie das Ritual speisen wird. Einige meiner besten Vertrauten werden mich begleiten: Meine klügsten Beraterinnen, meine treuesten Wächter, meine langjährigsten Freunde. Sie alle wissen, was sie erwartet. Sie sind bereit, dem Tod ins Gesicht zu blicken, sind es immer gewesen für mich, für ihren König, ihren Bruder, ihren Geliebten, ihrem Kameraden. Jetzt muss das Ritual nur noch von Erfolg gekrönt sein, und dann werden wir alle gemeinsam ewig leben und herrschen.
…
Es ist …. gescheitert. Und meine Freunde sind für immer ….. Nein, ich kann es nicht niederschreiben. Das Ritual …. ich muss etwas falsch kalkuliert haben. Irgendeinen Faktor nicht beachtet haben. Wie konnte mir ein derartiger Fehler unterlaufen? Tristan …. mein Freund. Aija’Sha… Alexander…. es bricht mir das Herz.
Die Explosion hat sie in die umliegenden Wälder geschleudert. Ich war zu schwach, sie zu suchen. Konnte ihnen nicht einmal ein anständiges Begräbnis geben. Dieser ganze Forst soll nun ihr Grab sein.
Aber ich werde zurückkehren. Ich gebe nicht auf. Ich habe euch ein Versprechen gegeben. Ihr sollt an meiner Seite über die Welt herrschen, auf immer und ewig. Ich werde euch aus dem NICHTS bergen und zurück in das Leben ziehen. Ich schwöre es bei meinem Leben, bei meinem Tod. Ich habe versucht, zum Ritualplatz zurückzukehren, aber der Wald hat sich verändert. Er ist wilder geworden. Unberechenbar, größer, tiefer, dunkler. Es ist, als wandle er sich jedes Mal, wenn man ihm den Rücken zukehrt.
Es muss die Macht des Ringes sein. Ich habe ihn gesehen von Weitem durch das dornige Dickicht, ehe eine Wand aus Blättern sich davor schob, und ich die Orientierung verlor. Er ist verwachsen mit dem Wald, wie ein knotiges Geschwür pulsiert er nun in diesem Wald und korrumpiert die Umgebung.
Es soll mir Recht rein. Soll er in seiner Macht wachsen, und soll er auf diese Art ein Mahnmal für meine gefallenen Freunde sein. Und eines Tages, wenn ich die Unsterblichkeit erreiche, komme ich wieder. Für meine Freunde. Aber auch für meinen Teil der Seele, der hier steckt. Niemand wird diesen Ring an sich nehmen können. Zu verdorben mit nekromantischer Magie ist er. Keiner kann ihn halten, ihm auch nur zu lange nahe sein. Er wird den Boden verderben, auf dem er liegt, die Luft vergiften, die ihn umgibt, die Magie an sich reißen, mit der man ihn bändigen will, wenn man seine Macht nicht beherrscht. Und niemand beherrscht ihn, außer ich!
Niemand!
Ist die Suche ausweglos? Ist der Preis zu hoch? Ist das ENDE doch eine Gewissheit? Was bleibt, wenn ich dahingerafft werde? Was ist mein Vermächtnis?
Eine neue Nacht, ein neuer Text. Ein neues Ritual. Ein neuer Versuch. Er MUSS sein….
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