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Braumeister Anselm, der das Bier ausschenkte

Dies ist die Geschichte vom Braumeister und Bruder Anselm, einem wahrlich tugendhaften Mann, der nicht nur das vorzüglichste Bier braute, sondern auch wusste der Inquisition gegen die gar grausige, maßlose Magie zu helfen.
Ein jeder weiß, dass ein Mönchsbruder sich der Gottheiten widmet, dem Studium der Natur und der Gesetze und des Wissens. Um diese Studien ohne Ablenkung und tugendhaft durchzuführen. finden sie fern der Gesellschaft in Ruhe statt, damit nichts dem Geist und Glauben trüben kann. Und da die Mönche zu diesem Zwecke tagelang auf feste Nahrung verzichten, erfanden sie das Brauen.
Bruder Anselm war ein vorzüglicher Braumeister, der wusste mit Hopfen und Malz umzugehen, um so die schmackhaftesten Biere herzustellen. Sie waren so schmackhaft, dass bald nicht mehr nur seine Mönchsbrüder in ihren Genuss kamen, sondern auch Wanderer, Pilger und Suchende auf ihrer Reise, die das Kloster besuchten. So gab es bald eine eigene Schenke im Kloster, wo jeder durch den Geschmack des Biers zum eigenen Glauben finden konnte.
So trug es sich zu, dass eines Abends eine Delegation der Inquisition höchst selbst, müde und geplagt von den Strapazen des Tages, ihren Weg in jenes Kloster fand in dem Braumeister Anselm seit nunmehr fast zwei Dekaden das schmackhafteste Bier braute.
Als Anselm sah, wer dort zur Türe hin schritt, erkannte er sofort Purpur und Gold der Inquisition und er war entzückt über solch ehrenvolle Gäste. Denn auch wenn er und seine Brüder fernab in einem Kloster lebten, so hatten sie viel über die Inquisition gelernt während ihres Studiums des Wissens und der Natur.
Freudig, nein geehrt fühlte sich Anselm bei dem Gedanken, jener Inquisition nun ein bescheidenes Bier servieren zu dürfen! So ging er also zum Fass mit seiner neusten und besten Kreation, für den er nur den grünsten Hafer und den goldensten Weizen genutzt hatte und füllte den Herren und Damen in Purpur und Gold die Krüge.
Und wahrlich, es soll gesagt sein, dieses Bier war das Beste und Köstlichste, da sie alle je tranken, und noch lange würden sie sich nach einem Schluck von Anselms Bier sehnen. Doch wie es das Los der Inquisition ist, sie mussten alsbald weiterreisen, denn die bösartige, maßlose Magie ruht nie und so darf auch kein Inquisitor je ruhen.
Anselm blieb noch in der Braustube zurück, um die Krüge zu säubern und noch ein wenig über die Ehre nachzudenken, die ihm widerfahren war. Da trat mit einem Mal aus der Dunkelheit des späten Abends. lautlos wie ein Geist, ein hagerer Mann herein. Wie ein Schemen stand er dort, gekleidet in der schlichten Aufmachung eines Pilgers, und blickte sich missmutig um. Etwas Seltsames war an dem Mann und es ließ ihn erschaudern, wusste er doch nicht ganz, was es war.
“Kann ich dem Herrn wohl dienlich sein”, sagte Anselm, denn auch wenn ihm die Fremde unbehaglich war, so wollte er dennoch höflich sein. “Wir brauen ein vorzügliches Bier hier, da wärmt nach einer langen Wanderschaft”
Der Fremde trat an die Schenke heran und strich pikiert mit einem Finger über den Tresen, als erwarte er eine Staubschicht “Euer Gesöff interessiert mich nicht im Geringsten” sprach er “in dreckigen Fässer mit euren fetten Händen zubereitet, nehme ich an. Am Ende habt ihr selbst noch reingepisst! Nein, nein. Die Inquisition mögt ihr damit vertrösten, aber ich werde nur einen Schluck reinsten Quellwassers trinken, das hat nichts als die Natur berührt.” Als Anselm ihn daraufhin nur irritierte anstarrte, fügte er fahrig hinzu: “Na los, Dicker, bring mit einen Becher Brunnenwasser!”
Anselm konnte nicht anders, als es zu tun, unfähig im Angesicht solcher Unverschämtheit etwas zu sagen oder aufzubegehren. Was ein garstiger Mann das war! Aber er tat, wie geheißen und füllte vom reinsten Quellwasser in einen sauberen Krug und verkniff sich sogar, ungesehen hineinzuspucken.
Doch als er es dem Fremden hinstellte, geschah das Unvorstellbare. Kaum hatte der Fremde nach dem Becher gegriffen, begann das Wasser darin zu glühen und zu leuchten, als sei es reines Mondlicht, gleißend und silbern und dann verwandelte es sich vor Anselms Augen in ein makelloses, reines goldenes Bier mit einer luftigen, weißen Schaumkrone wie eine Wolke am Himmel. Eisig kalt wurde es plötzlich in der Braustube, so als habe jemand alle Wärme hinaus gesaugt, und Anselm fröstelte heftig, als er vom Tresen und dem Fremden wegtrat
Der Fremde aber schien die Kälte nicht zu bemerken, er lächelte nur gehässig und nahm einen Schluck des Biers. “Aaah”, machte er und tupfte sich mit dem Ärmel ein wenig Schaum vom Mund “Bier in seiner reinsten Form, sauber und kristallklar, nicht zu vergleichen mit dem Gesöff, das hier in seinen Fässern ruht, das muss dir doch klar sein”
Anselm erblasste. Der hagere Mann war ein Magier! Das war also das ungute Gefühl gewesen, das Anselm ergriffen hatte, die Boshaftigkeit musste ihn umgeben wie eine Aura. Und er nutzte die kostbare Magie, um sein Quellwasser in Bier zu verwandeln, in einer Braustube, die vollstand mit den besten und verschiedensten Biersorten. Wahrlich die Geschichten über die verschwenderischen Praktiken der boshaften Magier waren allesamt wahr, das verstand Anselm sofort.
Aber Anselm war nicht dumm. Es waren noch nicht viele Augenblicke vergangen, da war die Inquisition selbst in dieser Stube gewesen, sie waren sicherlich noch nicht weit entfernt. Blitzschnell erdachte er sich einen Plan.
“Werter Herr”, säuselte Anselm nun und füllte währenddessen einen neuen Becher mit Quellwasser, schob ihn dann dem Fremden hin. “Ihr habt vermutlich Recht, ich habe nur primitive Braumethoden, die mir zur Verfügung stehen, und bin zudem nur ein einfacher Mönch. Aber ganz glauben kann ich euch erst, wenn ich wohl auch einen Schluck dieses magischen Bieres getrunken habe.”
Der Fremde schaute ihn misstrauisch an, aber da war ein Funkeln in seinen Augen, das seinen Stolz verriet.
“Es sein denn natürlich”, fügte Anselm hinzu, “ihr könnt während ich das Bier fässerweise braue, nur einen Becher von herbeizaubern.”
Der Magier schnaubte und griff beherzt nach dem Becher und diesmal schien ihn der Zauber mehr Konzentration zu kosten, denn er starrte intensiv auf das Wasser im Inneren. Gerade als es begann zu glühen, zog Anselm unter der Theke ein Fläschchen hervor. Darin hatte er frischen Mohnblumensaft, ein Schlafmittel, von dem er manchmal einen Tropfen ins Bier mischte, damit er und seine Brüder auch mit knurrendem Magen vor lauter Askese einschlafen konnten. Jetzt aber, während der Magier sich auf seinen Zauber konzentrierte, kippte er den gesamten Inhalt des Fläschchens in das angebrochene Bier.
“Da hast du’s, du ungläubiger Mönch”, sagte der Magier da und er schnaubte vor Anstrengung, als er ihm den Krug mit neuem Bier hinhielt.
Anselm nahm ihn entgegen, dann prostete er ihm zu “Auf euer Wohl also, der Herr”
Der Fremde trank in tiefen Schlucken seinen Becher leer.
Wand während Anselm nervös erwartete, dass das Gift seine Wirkung entfalten möge, setzte der Magier den Becher ab und lächelte den Mönch böse an.
“Du hast gedacht, dein lächerlicher Saft kann mir etwas anhaben? Du sollst es selber schmecken!” Er erhob die Hand vor des Mönchs Gesicht.
“Oh nein .. “ weiter kam der arme Bruder nicht, denn da begann er jämmerlich zu würgen und zu röcheln und dicker schwarzer Saft quoll ihm aus den Augen und Nase und in dickem Schwall aus seinem Munde. Aus den Ohren floss es ebenso wie unter seinen Haaren empor.
Als die Inquisition zurückkehrte fand sie Anselm, ertrunken in einem See aus Mohnsaft, mitten in seinem Schankraum. Die Kälte, welcher der Zauberer hinterlassen hatte, noch immer in der Luft, doch der mächtige Magier verschwand ungefasst in allen Winden.
Und so trug und nicht anders trug es sich zu, dass Anselm das Bier ausschenkte und dem Magier den Gifttrunk, der zu seinem eigenen Verderben wurde und dass die Inquisition ihn nicht helfen konnte.