Geschichten und Legenden aus dem Aarenklamm (Das dritte Jahr)
Über Lyra
Eine der ältesten Legenden aus Mitraspera berichtet von einem gefallenen Stern. Ein Kind des Goldenen Traums soll aus den Himmeln auf die Welt gefallen sein. Die Geschichten geben dafür alle einen anderen Grund wieder, doch in jeder einzelnen war von einem Streit zwischen den Sternen die Rede, welche schließlich der Grund für den Sternenfall war.
Als vor langer Zeit ein Stern den Himmel verlassen musste, so zerbrach er aus Trauer über diesen Abschied. Er stürzte in drei Teile auf die Welt hinab – im Norden, in der Mitte und im Süden. Doch war er auch innerlich gebrochen als Rebell, Hüter der Welt und Sehnsucht nach Sterblichkeit…
Lyras Klage ist eine Sage, von der Du schon oft gehört hast, die Du aber noch nie selbst gelesen hast. In deren Zentrum soll das Klagelied eines „lebendigen Sterns“ stehen. Eben jene Person, die vom Verfasser als „das schönste Weib unter allen Völkern unter den Winden“ bezeichnet wurde, klagt über die Verstoßung aus den Himmeln und den Verlust der „Hälfte allen Lichts ihres Lebens“. Gegen Ende der Klage spinnt sie einen Käfig aus Kristall um sich selbst, um auf wenig alleine mit ihrem Schmerz und der Einsamkeit zu sein.
Über die Schwerter der Macht
Nur ein unbedarfter Gelehrter verwechselt auf Mythodea die Stäbe, Reife und Schwerter der Macht. Zwar sind alle drei von den Quihen Assil gesandte Reliquien, doch während die ersten beiden aus uralter Zeit stammen und Wahrzeichen der Hochämter von Archonten und Nyamen sind, wurden die Schwerter der Macht erst vor wenigen Jahren von den Elementen auf die Welt entsandt, um im Kampf gegen die Urzweifler Kelriothars zu helfen.
Ursprünglich wurden acht Schwerter der Macht auf die Welt entsandt. Der Zorn Ignis‘, die Zeit Aeris‘, die Träume Aquas, die Gerechtigkeit Terras sowie vier Schwerter Magicas als Ausgleich und Fokus. Nur eines ist bis heute nicht gefunden worden, nur eines trägt noch alle Hoffnungen der Streiter der Elemente…
Neben den Schwertern der äußeren vier Elemente gab auch Magica vier Klingen den Sterblichen zum Kampf gegen die Verfemten, Urzweifler und all ihre Schöpfungen. Dies waren das Schwert der Zauberei, das Schwert der Herrschaft, das Schwert der Verschmelzung und zuletzt das Schwert der Schöpfung…
Über das Untote Fleisch
Zahllose Geschichten ranken sich um den Equilibrius Maite von Eppelhoim. Durch irgendein nicht überliefertes Ereignis vor dem Weltenbrand war es ihm gelungen, sich von der Knochenkönigin und ihrer Kontrolle über den Untod zu befreien. Doch trotz seines Exils war auch er unter dem Siegel Terras begraben und ruhte während der Zeit des langen Schlafes. Als er vor 11 Jahren erwachte und eine neue Welt vorfand, sah er seine Zeit gekommen und schmiedete Pläne, die Königin der Knochen zu stürzen. Auf die unwahrscheinlichste Art und Weise – nämlich mit einem Pakt mit Anhängern der Elemente – konnte er schlussendlich eine Waffe konstruieren, mit welcher er nach Ankor Mortis zog, um der dunklen Königin ein Ende zu bereiten. Keiner weiß, was aus ihm geworden ist, doch wenige Monate später drangen Geschichten aus dem Untoten Reich in den Norden, die von einem Umsturz auf höchster Ebene berichteten.
Als die schönste Frau aller Völker des Großen Bundes, ja sogar die schönste und anmutigste Gestalt unter allen Lebenden der Gesellschaft der Alten Herrscher galt Sar-ya. Sie war aus einem Volk namens Ankh, welches Terra nahe stand. Während ihre Schwester sich eher technischen und handwerklichen Dingen widmete, war Sar-ya ganz auf die Formung und Erhaltung ihres Körpers, äußeren Erscheinungsbildes und ihrem ewig jugendlichen Auftreten fokussiert. Sie wurde von den Kindern aller Elemente gleichermaßen verehrt und beneidet um ihre Gaben und es mangelte ihr nie an Verehrern. Kaum jemand konnte es sich erlauben, ihr einen Gefallen abzuschlagen und sie wusste dies wohl führ ihre Ziele zu nutzen.
Die heilige Rakasha, Schutzheilige der Helden und Verräter, ist die mit schwarzen Schwingen bewährte Gestalt aus den Reihen des Untoten Fleisches, die seit Argus‘ Verrat an den Verfemten nicht mehr auf den Schlachtfeldern Mythodeas gesehen war. Ihr wird eine besondere Verbindung mit der Knochenkönigin zugesprochen. Ob der Titel „Tochter der Königin“ eine Ehrbezeichnung oder ein echtes Verwandtschaftsverhältnis anzeigt, ist jedoch unsicher.
Rakasha, das Krähenkind. Tochter der Knochenkönigin. Viele Geschichten und Legenden ranken sich um diese Gestalt… doch nur wenige haben sich bisher gefragt, warum sie Flügel trägt – obwohl sie offensichtlich nicht fliegen kann…? Es ist den Gelehrten auch kein Geschlecht Alter Herrscher bekannt, welche eine menschliche Gestalt mit Flügeln gehabt hätten. Ist sie ein künstlich erschaffenes Wesen? Sie die Flügel artifizieller Natur? Wer könnte dies nur wissen?
Über die Verins
Natürlich hast du auf deinen Reisen (durch Mythodea oder womöglich sogar darüber hinaus) von der berühmten Familie Verin gehört. Nicht etwa, weil sie in der Vergangenheit so Großes bewirkt hätten oder weil sie so viel Macht und Einfluss besäßen. Sondern vielmehr wegen ihrer Verbindung mit dem alten Geschlecht der de vo Canars und deren bekanntesten Sprössling: Fileas Strongbow. Du kannst dich leider nicht mehr vollständig an den Stammbaum erinnern. Aber so viel fällt dir noch ein: Gernot, Sören und Assaja waren die Kinder von Bahaman und Estefania Verin (Estefania verstarb während dem großen Konvent der Elemente vor fünf Jahren). Während Gernot und Assaja nicht weiter auffielen, war es das Schicksal Sörens, dass sich Esthaer de vo Canar in ihn verlieben und mit ihm – zum ersten Mal seit ihrem Exil aus Mitraspera, zwei Kinder zeugen sollte: Lisa und Fileas. Während Assaja kinderlos blieb, schenkte Karola Gernot zwei Söhne: Hagen und Berengar. Mit dem Untergang von Sörens Seite der Familie liegt es nun an Hagen und Berengar, den Namen Verin weiter zu tragen.
Estefania Verin war bis zu ihrem Tod vor sechs Jahren (während dem großen Konvent der Elemente), die Leiterin und Ordensmutter der „Freien Gilde der Priester des Wassers aller Länder“ in den Mittellanden, die später nach ihrem Exodus nach Mythodea zuerst in die „Mythodeanische Wassergilde des Ostens“ und schließlich in die „Sakrale Elementgilde Aquas“ umbenannt wurde (und weiterhin einfach als die „Wassergilde“ bekannt war). Ihr gehörten neben Estefania auch viele berühmte Diener Aquas an – nicht zuletzt auch Frickeboth Feyn, der nach seinem Tod zum Avatar Aquas erhoben wurde. Denn Aqua liebt seine Kinder, und so schenkte es auch Estefania die Gnade, ein Jahr vor ihrem Tod den Zeitpunkt ihres Endes zu erfahren. Daraufhin legte sie ihr Amt nieder und machte sich auf, um noch einmal etwas von der Welt zu sehen. Jedem, der zu ihr meint, sie wäre zu alt für so eine Reise und das Ganze würde böse enden, sagte sie nur „Aquas schützende Hände ruhen auf mir.“ Und so begab es sich genau ein Jahr später, dass sie in Terras Arme zurückkehrte und den Weg aller Sterblichen ging – mit einem seligen Lächeln auf ihren Lippen und den Erinnerungen an ein erfülltes und glückliches Leben.
Über das Land
Die Gegend, in der Du Dich befindest, wird Bluttann genannt. Es handelt sich dabei um ein weitläufiges Waldgebiet im Westen des südlichen Kontinents Mythodeas. Der Bluttann ist ein Teil der Untoten Hohld, welche wiederrum Provinz im Lairdom Corpsdale ist. Vor der Inbesitzname durch den Untod war der Landstrich, den man heute Bluttann nennt, bekannt als „Aarenklamm“, was auf eine große Höhle oder Schlucht hindeutet. Eine solche Schlucht gibt es noch immer, doch von einer Höhle hast Du noch nichts gehört. Ob damals hier Bäume standen, kannst Du auch nicht sagen.
Über die Kräuterweiblein, die einst in der Hohld lebten, erzählt man, dass sie viele Gaben hatten, die das Wetter betreffen. Sie sollen auch fähig sein, die Richtungen des Windes zu beeinflussen. In einem Fischerdorf namens Brackmoore lebte einst eine Hag, die den Fischern einen ihn genehmen Wind herstellte und diesen an die Fischer und Kapitäne der hohldianischen Fischerboote verkaufte, die dadurch reiche Fischgründe erreichen und so einen guten Fang machen konnten. Um dem Wind ihren Willen aufzuzwingen, musste sie sich auf den höchsten Punkt über der Bucht stellen, von dort in die erwünschte Himmelsrichtung zeigen und einen uralten Zauberspruch rezitieren. Davon konnte sie ihren Lebensunterhalt gut bestreiten. Eines Tages kam ein Kapitän von Garwans Heerwurm zu ihr, denn er wollte unbedingt einen Ostwind haben. Sie machte für ihn einen Ostwind, aber der Kapitän wollte nicht bezahlen, denn, so sagte er, der Wind hätte sich auch ohne ihr Zutun auf Ost gedreht und er eilte zu seinem Schiff, um in See zu stechen. Die Hex war empört über die Frechheit des Kapitäns und eilte auf den Hügel. Als sie sah, dass der Kapitän mit dem Ostwind aus dem Hafen segelte, hob sie ihre Hände und gebot dem Wind zu drehen. Dadurch wurde das Schiff auf die Klippen gedrängt und zerschellte. Der Kapitän und die Mannschaft konnten gerettet werden und der Kapitän schwor, nie mehr die Hags zu betrügen. Niemand im Fischerdorf traute sich zukünftig, den Versuch zu machen, die Hags zu verärgern.
Vor ein paar Jahren entdeckte Antonio de la Tiroli von der Seehandelsgilde und wohnhaft in Steinbrück ein Mineral in der Nähe von Holzbrück. Dieses, welches natürlich nach ihm selbst Tirolit benannt wurde, stellte sich jedoch als kristallisierte Form der natürlichen Magie Mythodeas heraus. Ein Abbau hätte ernste und nachhaltige Folgen für ganz Mythodea, weshalb seine Entdeckung zum ersten in jedem Landstrich Mythodeas gültigen Gesetz führte: Der Abbau, Handel und Besitz des Minerals wird von jedem Archon hart geahndet, die meisten Vergehen sogar mit dem Tod. Seit der Entdeckung des Tirolits beginnen viele Forscher mehr und mehr Geheimnisse Mythodeas zu enträtseln. So wird unter Anderem vermutet, dass die Weiße Flamme, mit der vor elf Jahren ein großer Teil des Schwarzen Eises vernichtet worden war, einen Teil der Tirolit-Adern selbst entzündet, was den Einsatz dieser Waffe noch gefährlicher und waghalsiger erscheinen lässt als er sowieso schon ist. Außerdem würde dies erklären, weshalb die Alten Herrscher die Waffe, obwohl sie bereits fertig gestellt war und der Krieg äußerst schlecht verlief, niemals einsetzten…
Allgemeines
Abseits von Mythodea wird häufig eine uralte Geschichte von drei Königskindern erzählt. Zwei Schwestern und ein Bruder lebten weit entfernt von dem Kontinent auf einer Insel und wurden von einer unbarmherzigen Feindin entführt. Diese formte aus einer Königstochter das Nichts, eine andere entkam in die Zeit als deren weise Wächterin, der Bruder der beiden aber wurde entstellt und lebt noch heute in einem eisigen Gefängnis. Doch für die Frau, die ihn befreit, hält er sein Herz bereit und wird an ihrer Seite über sein neu erblühendes Reich herrschen.
Orphaliot hatte fünf Kinder mit Camiira. Athariot, das Igniskind, fiel an das Schwarze Eis im Kampf gegen Viria. Malachandran, der Sohn der Winde, starb ebenso tragisch bei der Verteidigung As’shans. Über die anderen drei – Lyrieth, Khordarion und Elarioth, ist deutlich weniger bekannt.
Die Alten Herrscher waren nicht nur „ein Volk“, sondern ein Bund aus einer Vielzahl von Wesen. Eines davon war ein Volk, das häufig nur „die Gärtner“ genannt wurde. Sie waren keine großen Krieger oder Politiker, sondern die Hüter der Wälder und Wildnis. Sie erschufen als ihre Diener ein Volk als Wächtern, welche ihnen bestehen sollten. Wann immer ein Reisender auf Mitraspera einen Baumgeist, eine Dryade oder Nymphe gesehen hat, so war es wohl eine dieser von den Alten Herrschern geschaffenen Wächter – oder ein Nachfahre davon.
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