Muskars Tagebuch
2 Wochen vor Beginn der Reise
Der Schamanenrat hat mich mit einer neuen Aufgabe betraut. Er behauptet zwar, dass ich ausgewählt wurde, da meine Fähigkeiten hierfür die besten wären. Außerdem sei ich ungebunden, da ich noch kein Weibchen gewählt habe, die mit mir das Lager teilt. Alles Blödsinn. Du’Shakul hat mich ausgesucht, weil ich mich mit Ashurka gestritten hatte. Nach der Besprechung machte er mir das in einem Gespräch in seinem Zelt noch einmal klar. Dabei hätte ihn die kleine Störung während seines Rituals sicher nicht umgebracht. Nunja nun muss ich mich um dieses Ding im Süden kümmern. Nahe an der Frontlinie… manchmal ist das Leben zu hart zu mir.
3 Tage vor Beginn der Reise
Ich kenne nun den Stamm, den ich dort antreffen werde, die Bloodstorms. Bisher hatte ich nur gehört, dass sie wüssten wie man feiert. Von ihrem Alltag wusste ich aber nichts. Die ein oder andere gute Feier war aber eine gute Aussicht. Als Reisebegleiter waren wir auch ein größerer Trupp. Es gab gleich mehrere Sha’Zu, die versetzt wurden. Für mich war aber nur eine Sha’Zu Shirku wichtig und zwei Sha’Zu Wakari, die zu unserem Schutz dabei waren. Die anderen sollten wohl Wachposten entlang der Strecke ablösen oder die Streitmacht des Nordens entsatzen. Außerdem waren da noch einige andere. Man teilte mir einige Uruks aus einem neu angekommenen Stamm zu, den Naruk’hai. Schien ein fähiger Stamm mit guter Organisation zu sein. Meinen Schüler mitzunehmen wurde mir verboten. Stattdessen sollte er weiterhin in Barach’Nar ausgebildet werden. Seis drum.
1. Tag der Reise
Wir brachen in der späten Abendstunde auf, um in der kühleren Nacht marschieren zu können. Ich habe Har’War kennen gelernt, einen aus der Kaste der Versorger der Naruk’Hai. Ich konnte nach einem längeren Gespräch auf seinem Wagen mitfahren. Ruhiger Zeitgenosse. Hoffentlich eine ruhige Reise.
3. Tag der Reise
Har begeisterte sich für meine Geschichten von Argash und Ashdaimo sowie den Erlebnissen der alten Welt. Tatsächlich machte es mir Spaß ihm davon zu erzählen. Ich beginne die Abkehr vom Schamanenrat und der Zeltstadt Barach’Nar zu genießen.
7. Tag der Reise
Die Reisegruppe wurde kleiner. Die Sha’zu hat sich vom Weg ab in den Wald zurück gezogen. Lediglich ein Shirku wurde als Späher unseres Trosses zurückgelassen, ein hagerer und scheinbar älterer Uruk. Als ich ihn ansprach, gab er zwar Antwort, aber ich war wohl nicht mehr als eine Notwendigkeit für ihn. Er nannte sich Thorkal. Am Abend hielt ich einen gemeinsamen Abend zu Ehren der Arrgash ab. Dazu kaufte ich Har ein Fässchen Bier ab und spendete es den Mitreisenden. Es tat gut die Ehrfurcht und Begeisterung in den Augen der anderen zu sehen. Für Har’War war es auch der Abschied… wir werden übermorgen die Gabelung erreichen.
9. Tag der Reise
Auch wenn unser Lebensweg nur kurz gemeinsam verlief, tat es mir leid Har’War und seine Sippe zu verlassen. Eine seiner Gefolgschaft folgte aber weiter dem Tross in Richtung Süden. Sie ist hager und hat ein strenges Gesicht. Sie nennt sich Marfa. Meine Saba sagte stets, ich solle mir einst ein zähes Weibchen aussuchen. Demnach ist sie nicht zu verachten. Seltsam, dass sie mir nicht vorher aufgefallen ist. Vor dem Ahnenfeuer werden wir sicherlich genug Zeit haben, uns kennenzulernen.
12. Tag der Reise
Eine weitere Sha’Zu verließ uns. Die Krieger besetzen einen Wachposten. Auf dem Weg erwartete uns schon ein Feuerträger von ihnen. Er hatte sich Zeichen ins Gesicht gebrannt und die wulstigen Narben deuteten darauf hin, dass er dabei heiße Asche in die Wunde gestreut hatte. Ich grüßte ihn mit einem Schlag auf meine Brust und er erwiderte als Schwert der Asche. In Barach’Nar hatte ich mich nie mit den Schwertern unterhalten. Stattdessen hatte ich mehr als genug mit dem Machtkampf der Stimmen zu tun. Wir rasteten und ich unterhielt mich lange mit Gran. Ihm behagte die Stadt auch nicht, auch wenn er nicht durch eine Strafe zu dieser Erkenntnis kam. Hier draußen ist es so, als würde man stets auf Persönlichkeiten treffen. Auch wenn alles weiter, feindlicher und entfernter scheint, ist man sich hier draußen näher, als ich es in den Städten je war.
16. Tag der Reise
Wir hatten den Weg verlassen und liefen einen großen Bogen, um eine Talsenke herum. Thorkal vermutete dort Tuppen des schwarzen Eises. Meine Füße vermissten den gemütlichen Wagen von Har’War, aber der hätte mir hier auch nicht viel geholfen. Stattdessen spürte ich die Anspannung, die alle befallen hatte. Die Uruks arbeiteten Hand in Hand angesichts einer drohenden Gefahr, ebenso wie es die Muskeln unserer Götter tun. In uns sah ich plötzlich die Vollkommenheit des Blutes. Wir waren der Leib von Argash und Ashdaimo. Dennoch hoffe ich, dass am Ahnenfeuer keine zweite Schöpfung lauert. Zwischenzeitlich habe ich die Texte, die der Schamanenrat mir gab, gelesen. Die Geschichte von Optark, berichtet von Hoital. Die Verknüpfung von Seele und Pyramide als ein Weg, der den Rastlosen eröffnet wird. Rahak’dun. Die Schriftzeichen, die mit unserer Schrift verwandt sind und die Vermutung, dass es dort mehr geben könnte. Will ich denn überhaupt noch mehr haben. Hier draußen ist die Welt eine andere… und ich genieße es derzeit.
17. Tag der Reise
Wir wurden von einem jungen Shirku der Bloodstorms aufgefunden und zum Ahnenfeuer geführt. Die Siedlung der Bloodstorms in der Nähe war mit der Bekämpfung des Schwarzen Eises beschäftigt. Entsprechend wenig ist am Ahnenfeuer geschehen. Es standen einige Zelte und einige Löcher wurden an verschiedenen Stellen in den Boden gegraben. Als ich näher auf den Platz trat und auf diesem Stein die brennende Kerze sah, durchzuckte es mich das erste Mal. Dies ist ein heiliger Ort. Hier passiert und geschah besonderes. Ich sah nun auch das erste Mal die Schrift mit eigenen Augen. Unser Protektor Teroc hatte eine Übersetzungshilfe gefertigt. Mit dessen Hilfe werde ich auch in der Lage sein die Schrift schnell zu meistern.
Rahak’Dun… ein interessante Volk.
31. Tag der Reise
Du’Shakul, verzeiht meine späte Niederschrift. Da ich sowieso davon ausgehe, dass die Gerüchte, die man sich von euch erzählt wahr sind und ihr meine Gedanken erlesen könnt, sage ich offen, was ich getan habe. Ich habe es genossen, diesen Platz zu erforschen, mich einzurichten. Außerdem habe ich auch einiges über die Naruk’Hai gelernt. Marfa erzählte mir von ihnen. Sie sind in manchen Dingen wie die Djschabuk Maah, in anderen wieder nicht. Sie gefällt mir. Die Arbeiten am Ahnenfeuer selbst kommen aber nur langsam voran. Wir sind nur wenige und haben schon einiges an Boden umgewälzt. Bisher eine Scherbe in sanftem Grün… Das sagt nicht viel über diese Rahak’Dun aus, außer dass sie töpfern konnten. Auch die Kerzen habe ich mir angeschaut. Es scheint als behüten sie den Ort. Sie lassen sich nicht löschen. Ebensowenig können neue gegossen werden. Die Sockel, die vorher angeblich abgenommen werden konnten sind fest. Ich beende meine Niederschrift wieder… ich habe Marfa in mein Lager eingeladen, um uns weiter zu unterhalten.
45. Tag der Reise
Heute fiel der erste Schnee des Winters. Die Bäume sind bereits kahl, so dass man weit in die Wälter hinein schauen kann. Die letzten Tage waren wir alle damit beschäftigt, Feuerholz für den nahenden Winter vorzubereiten… und etwas mehr, um die Truppen an der Front zusätzlich zu versorgen. Demnach konnte ich mich nicht mit dem Ahnenfeuer auseinander setzen. Auch wenn die Neugierde mich antreibt. Da der Boden nun schon härter geworden ist, werden wir uns mit dem abfinden müssen, was wir bereits gefunden haben. Unter anderem fanden wir neben vielen Schutt und Bruch auch einige ganze Dinge mit Zeichen darauf. Ich verpacke es und versuche es nach Barach’Nar schicken zu lassen. Wer weiß, wann der nächste Meldeläufer uns passiert.
48. Tag der Reise
Es hört nicht auf zu schneien. Draußen zu Arbeiten ist verrückt, aber notwendig. Wir halten uns überwiegend im großen Zelt auf, dass normalerweise der Sha’Zu Wakari vorbehalten ist. So heizen wir nur ein Lager. Dort drinnen teile ich mir das Zelt mit meiner Versorgerin. Ich wurde mit der Begründung losgeschickt, dass ich kein Weibchen hätte…
72. Tag der Reise
Nach den Knochen, die ich geworfen habe, ist heute der kälteste Tag des Jahres. Demnach würden wir heute das Fest vom Sterben und Auferstehen der Asche feiern. Ich erzählte den anderen bereits davon und opferte für die Gemeinschaft ein kleines Fass Wein, den ich mir eigentlich für Langeweile mitgebracht hatte. Auch die anderen schlossen sich dem Ritus der Djschabuk Maah an und gaben etwas von sich für die Gemeinschaft. Trotz der Kälte verbrachten wir einen warmen Abend.
91. Tag der Reise
Ein strenger Südwind wischte nicht nur den Schnee von den Bäumen sondern brachte auch Kampfeslärm aus dem Süden mit. Scheinbar lieferten sich die Truppen des schwarzen Eises mit unseren Horden eine Schlacht. Unsere Gebete waren bei Ihnen. Die Tage selbst sind eintönig wie die Farben des Winters. Lediglich Marfas Geschichten und ihr Körper erhellen mein Gemüt. Dieses Weibchen fasziniert mich jeden Tag aufs Neue.
92. Tag der Reise
Wir erhielten Nachricht. Ein Träger des Feuers suchte uns auf und brachte Befehle für die stationierte Sha’Zu und die restlichen Mitglieder des Stammes der Bloodstorm, die noch da oder in der Nähe waren. Alle sollen an die Front. Lediglich ein kleiner Teil der Uruks bleibt hier. Letztlich blieben wir mit Shak’Tu, Uk’Zab, Gorgul, Kosh, Nai’Tap, Thorkal und Marfa zurück. Die Schlacht an der Pforte musste keinen guten Ausgang gefunden haben.
104. Tag der Reise
Unsere Vorräte gehen langsam zuneige. Wenn dieser strenge Winter nicht bald ein Ende finden würde, müssen wir uns gegenseitig fressen. Thorkal sagte, dass er das Jagdrevier vergrößern würde. Das könne zwar riskant sein, da wir nicht die einzigen wären, die Hunger leiden.
107. Tag der Reise
Thorkal brachte Uk’Zab schwer verletzt zurück. Allerdings zogen er und Kosh einen jungen Bären hinter sich her, so dass das Bedauern über Uk’Zab s Verletzung sich meinerseits in Grenzen hielt. Nai’Tap, der letzte Wakari unter uns, zollte dem Verletzten und den Jägern Respekt. Er packte mit an, den Bären zu schleifen und zu häuten. Thorkal brach unterdessen sofort wieder auf. Kosh erklärte mir, dass er ihre Spuren und vor allem den Geruch des Bären übertünchen wolle. Wie er das tun wurde hat mir Kosh nie erklärt. Ich versorgte Uk’Zabs Wunden mit Marfa zusammen. Sie vergoss sogar Tränen für Uk’Zab, dessen Atem schwächer wurde. Soweit möglich stoppte ich die Blutung. Marfa fragte mich, warum ich so gleichgültig über den verwundeten Uruk sei. Ich war es nicht. Mir kam es nur nicht in den Sinn um Ihn zu trauern, solange er noch lebte. Überdies war die Heilkunst nie meine liebste Berufung. Ich tat das nötigste, den Rest mussten Argash und Ashdaimo tun. Entweder er überlebte, indem sie sein Blut zum Kochen brachten oder er wurde von Ashdaimo verschlungen. Diese Nacht schlief Marfa nicht bei mir… Sie könne mich nicht verstehen.
112. Tag der Reise
Marfa wacht nun jeden Tag über dem fibrigen Uk’Zab. Ich vermisse sie und ich bin sauer auf Uk’Zab. Ich überlegte sogar… ach… ich bin eifersüchtig. Nach meinem Wissen würde er sterben, wenn er nicht besser behandelt wird. Das Beste für ihn wäre es zu einer näheren größeren Siedlung zu gelangen, wo er nicht zu seiner Verletzung auch gegen Kälte und Ruhe kämpfen musste. Deshalb empfahl ich Nai’Tap ihn fortzubringen. Unser Wakari folgte dem Vorschlag und gab Thorkal und Kosh den Befehl, ihn wegzubringen. Außerdem gab er ihnen einige Schriften mit. Dabei erinnerte ich mich an die Schale mit Schriftzeichen. Ich gebe Sie den Dreien mit. Marfa wollte ebenfalls mitgehen, aber Nai’Tap setzte sich durch. Marfa warf mir vor, ich hätte das mit Absicht getan… dabei hatte ich mich schon entschieden, ihm zu helfen. Deshalb habe ich wohl noch kein Weibchen erwählt.
136. Tag der Reise
Wir haben mit Verschwinden der weißen Felder wieder die Arbeit aufgenommen. Der Boden ist noch zu hart, aber wir bereiten Werkzeug und die auszugrabenden Bereiche vor. Wohl aus Ehrfurcht lasse ich den Bereich um die Spitze aber noch aus. Aus irgendeinem Grund halte ich es für frevelhaft oder falsch direkt an diesem heiligen Ort im Dreck zu wühlen.
138. Tag der Reise
Uns wurden verletzte von der Front gebracht. Wir konnten uns gar nicht um alle kümmern. Weder hatten wir genug Verbände, noch Holz, noch Essen. Einen der Wakari, Bulg, geleitete ich eine Nacht bis in den Tod. Wir sprachen von der Tafel des Ashdaimo, wo er weiter kämpfen und das Feuer spüren dürfe. Kurz bevor es soweit war, nahm er die Decke vom Leib, erhob sich und trat vor das Zelt. Er blickte zu den Sternen… „Ashdaimo, ich komme“, sagte er und starrte weiter. Erst eine Weile später merkte ich, dass er im Stehen gestorben war, den Blick zum Himmel gerichtet, zu einer Säule erstarrt. Er muss auf dem Schlachtfeld gewütet haben. Er war ein Beispiel für einen Wakari. Für einen Augenblick dachte ich sogar, die Fratze unseres Ashdaimo zu sehen, der für einen Augenblick seine Aufgabe als Zerstörer der Welten unterbrach, um seinen Sohn zu würdigen.
140. Tag der Reise
Die Vorräte und frische Fleisch reichte nicht mehr aus, weshalb wir die Toten nicht mehr vollständig verbrannten. Die Schwachen und Feigen der Schlacht wurden getrennt von denen, die sich als Wakari erwiesen haben. Wir erwiesen den Seelen der Schwachen die Ehre, indem wir ihre Köpfe verbrannten und ihre Leiber unseren Mäulern zur Nahrung wurden. Marfa ekelte das an. Für uns war es das Richtige.
148. Tag der Reise
Die letzten Verletzten sind verstorben oder konnten wieder laufen. Ihr Befehlshaber gab den Befehl abzurücken. Es kehrte wieder Ruhe ein.
185. Tag der Reise
Endlich gehen die Arbeiten voran. Wir haben nun auch vollständige Schalen gefunden. Eine war mit Stroh in einer Kiste eingepackt. Ich werde sie die nächsten Tage näher untersuchen, während Gorgul und Shak’Tu weitergraben werden.
201. Tag der Reise
Thorkal kam mit einer Sha’Zu Warkari zurück. Nai’Tap wurde abgelöst und ein Versehrter der Schlacht, die bereits zu Beginn dieses Krieges tobte, solle seinen Platz einnehmen. Der Uruk war groß und fleischig. Er hinkte und um ihn herum erkannte ich viel Finsternis und Wut. Er stellte sich auf meine Nachfrage hin als Nargzab vor. Er ist nun für unsere Sicherheit zuständig.
202. Tag der Reise
Die Sha’Zu zogen ohne Verzögerung weiter. Die Frontlinie müsse verstärkt werden. Erneut nahmen sie einen Großteil unserer Vorräte mit. Deshalb bin ich besonders froh, dass Thorkal nun wieder hier ist. Auf ihn konnte man sich verlassen.
210. Tag der Reise
Diese blaue Schale ist etwas Besonderes. Auch wenn nichts darauf steht und sie keine Magie in sich trägt, so scheint sie doch dafür empfänglich zu sein. Dass sie doch magisch ist, bemerkte ich, als in einer regnerischen Nacht Wasser in sie hinein lief. Ihre Farbe schimmerte im Glanz des Wassers. Plötzlich war sie mehr als eine Schale. Ich befragte die Knochen und betrachtete sie mit dem Auge der Ahnen. Tatsächlich strahlt sie mit Wasser gefüllt eine sanfte Wärme aus, ohne tatsächlich warm zu sein. Dennoch blieb in mir das Gefühl, dass da noch mehr ist. Sie gehört zu diesem Ort dazu. Ich weiß nur noch nicht wie.
216. Tag der Reise
Kosh ist nicht mehr aufgetaucht. Er hat sich vor einigen Tagen mit Nargzab gestritten und einen Befehl des Wakari ignoriert. Nargzab bestand auf seinen Status als Schwert der Asche. Ich konnte nicht glauben, dass er dem Weg des Ashdaimo so weit gefolgt sein soll und noch weiter folgt. Kosh ist Shirku. Er wird das Weite gesucht haben. Blieben nur noch wir Fünf.
225. Tag der Reise
Nargzab erinnert mich an die Stadt. Ich wünsche mir, dass er nicht hier wäre. Die Stimmung aller hat sich seit seiner Ankunft enorm verschlechtert. Wir versuchen als Gemeinschaft zusammenzuhalten. Selbst Thorkal sucht unsere Nähe. Unser Rhythmus hat sich eher zum Gegenteil von Nargzabs Rhythmus entwickelt. Wir suchen pflichtbewusst die Vergangenheit der Rahak’Dun. Viel ist von diesem Volk nicht bekannt und auch die Rahak’dun, die wir kennen, erzählen wenig. Mir scheint es, dass sie einst Tselung’Getel angebetet haben, aber den Übersetzungen, die ich zu diesem Brett bekommen habe, nach haben sich die Rahak’Dun von ihm abgewandt. Da die Pyramide aber noch Zeichen des Tselung’Getel trägt, muss sie noch vor dieser Zeit erbaut MARFA!
227. Tag der Reise
Nargzab hat Marfa gezwungen die Nacht auf seinem Lager zu verbringen. Ich habe mich heftig mit ihm gestritten. Er hat eine der wichtigsten Tugenden der Djschabuk Maah verletzt. „Schütze deine Maah!“ Er versuchte auch gegen mich Gewalt anzulegen. Ich betete zu Ashdaimo, dass er meinen Körper mit Stärke und Feuer segnen möge und brüllte den gefallenen Wakari an, er solle es sich überlegen sich wider eine Stimme der Asche zu stellen. Plötzlich zuckte er zusammen. Seine Augen suchten panisch nach etwas. In diesem Moment gebot ich ihm, dass er sich von nun an nicht mehr Schwert der Asche nennen dürfe. Daraufhin kniff er die Augen zusammen und schaute mich zorneswütig an. Erneut reagierte er plötzlich, indem er die Achseln zuckte und in seinem Zelt verschwand. Die anderen verstanden nicht, was geschehen war. Ich hatte es ihnen erklärt, dass Nargzab den Weg der Djschabuk Maah schändlich verlassen hätte und er deshalb nun im Rang der Djschabuk Maah fallen musste. Shak’Tu und Gorgul freuten sich alle darüber. Siegönnten es Nargzab zu fallen. Aber sie sahen mich ohnehin mehr als ihren Führer. Thorkal hingegen behauptete nur klare Befehle zu haben und, dass für ihn die Hierarchie klar geregelt sei. Marfa zuletzt zog sich von allen männlichen Uruk zurück.
230. Tag der Reise
Ich wurde im Sinnieren über die Rahak’Dun unterbrochen. Nach meiner Auffassung ist die Pyramide noch vor Tselung’Getels Verrat erbaut worden. Die Zeichen sind eindeutig. Allerdings müssen sich Rahak’Dun auch noch nach dem Verrat durch Tselung’getel aufgehalten haben. Ich habe eine Tafel gefunden, auf der das Ahnenfeuer und ein Uruk zu sehen ist. Er betet es an, aber oberhalb der Pyramide ist kein Symbol für Tselung’Getel zu sehen. Darüber hinaus haben wir neben Scherben auch alte Waffenteile gefunden. Sie sind sehr rar, aber noch zu finden. Es sind geschärfte Knochen oder Steine. Den Kerben nach zu urteilen wurden sie auch häufig genutzt. Wir haben sogar eine metallene Klinge gefunden, die aber nicht zu den restlichen Waffen passt. Sie ist lang und gebogen. Leider ist sie zerbrochen und die restlichen Teile sind Stück für Stück zerbröselt, sobald sie an der Oberfläche war. Ein wenig von der Klinge habe ich ebenso wie die anderen Waffenreste der Rahak’Dun verpackt zu einem Bündel. Mit dem nächsten Boten, den ich finden kann, werde ich Sachen nach Barach’Nar senden.
248. Tag der Reise
Ich gehe davon aus, dass die Rahak’Dun Krieg geführt haben müssen. Nach allem, was ich hier gesehen habe, verehren die Rahak’Dun ihre Ahnen. Der Übergang der Seele scheint ihnen viel zu bedeuten. Sie verehren wohl auch das Leben nach dem Tod oder den Ort wohin unsere Seelen danach gehen. Nicht jede Seele kommt aber ohne weiteres dorthin. Im Grunde sind sie unserem Glauben damit nicht unähnlich. Dennoch fand ich um das Ahnenfeuer herum keinerlei Schädel eines Rahak’Dun. Entsprechend müssen sie ihre Toten verbrannt oder gefressen haben. Oder sie haben sie nicht hier beerdigt. Manchmal glaube ich, dass je mehr ich in Erfahrung bringe, sich einfach noch mehr Rätsel auftun.
250. Tag der Reise
Ein Shirku wurde zum Träger des Feuers bestimmt und machte Rast bei uns. Wir verbrachten den Abend unter freiem Himmel. Ich gab ihm das Bündel für euch mit.
261. Tag der Reise
Einige Najori hatten sich heute in unser Lager „verirrt“. Ihrer Ausrüstung nach hatten sie aber genau gewusst, wohin sie wollten. Scheinbar wollten sie unsere Arbeit übernehmen. Während des Abends spürten wir alle, selbst Nargzab, recht schnell, dass diese Najori hier Schätze oder besseres vermuteten. Sie teilten ein starkes Gesöff mit uns, das unsere Sinne benebelte und unsere Gemüter beflügelte. Für einen gewöhnlichen Uruk mag dies genüsslich sein, aber für Nargzab… Nach einem imposanten Wutanfall von Nargzab, indem er Shak’Tu niederschlug, entschieden sich die drei Najori wieder abzureisen. Ich konnte ihnen jedoch drei Flaschen dieses Gesöffs abringen.
273. Tag der Reise
Am heutigen Tag überwand meine Neugier meine Ehrfurcht. Wir haben begonnen am Ahnenfeuer selbst zu graben. Sicherlich befanden wir uns vorher auch über dieser Pyramide. Wenn ich sie mit dem Auge der Geister betrachte, sehe ich dass sie noch tiefer in den Boden hineinragt und ihre Enden an den Sockeln liegen, worauf auch die restlichen Kerzen ruhen. Wir hatten auf Anhieb Glück. Nach nur wenigen Hand Boden fanden wir eine Naht. Zwei Steinplatten lagen direkt aneinander. Allerdings gab es keinen Griff und an dieser Stelle keine Schriftzeichen. Lediglich ein Symbol des Tselung’Getel war hälftig darüber. In die Spalte war keine Klinge geschweige denn ein Finger zu kriegen. Also Glück im Unglück. Ich werde mir nun noch einen Schluck von diesem Gesöff gönnen und mich dann auf mein Lager betten.
274. Tag der Reise
Heute wurde ich von heftigen und lauten Hammerschlägen geweckt. Erst dachte ich, dass ich wieder zuviel von einer der Flaschen getrunken hätte. Shak’Tu bearbeitete die gefundene Platte. Offenbar hatte er die Hoffnung sie zu zertrümmern. Als Shak’Tu weiter auf den Stein einschlug, ehe ich es verhindern konnte, spürte ich ein sanftes Beben, wie eine Welle, die mich durchfährt. Er hatte ein Stück vom Relief des Tselung’Getel zerbrochen. Es fühlte sich an, als wäre auch in mir etwas zerbrochen. Ich wies ihn wütend zurecht. Ich brüllte ihn an, dass es nicht unser Ziel sei das Ahnenfeuer zu zerstören. Er solle diesem Heiligtum Respekt zollen. Es scheint als hätte er durch seine ständige Anwesenheit hier, seine Ehrfurcht verloren. Auf mich bezogen fürchtete ich mich plötzlich vor mir selbst, denn mit diesem abgebrochenen Stück Stein oder diesem wilden Akt der Zerstörung oder was auch immer, wuchs in mir das Verlangen, in das Innere des Ahnenfeuers sehen zu dürfen, diese goldenen Fäden verfolgen zu dürfen, diese… Ich sollte später weiter schreiben.
276. Tag der Reise
Mein innerer Kampf dauert an. Wenn ich hinwegdöse, träume ich von großen Schädelfeldern, die von einer grünen, geschuppten Straße durchzogen werden. Am Ende der Straße angekommen, sehe ich dann den Kopf einer Schlange, vermutlich Tselung’Getel, der mich auslacht. Aus seinem Körper ist ein Stück herausgeplatzt, aber es blutet nicht. Ich versuche danach zu greifen. Als ich es berühre, öffnet sich ein sanfert Spalt, mir den Ausblick auf eine unbekannte Pracht eröffnet. Ich will sie erreichen. Doch dann packt mich die Schlange und ich wache schweißgebadet auf. Nun bin ich froh, dass ich den Najori das Gesöff abgekauft habe. Es hilft mir beim Einschlafen und hält die Träume fern. Ich weiß, dass ein Atani die Träume zulassen müsste. Aber er macht mir Angst. Zu meinem eigenen Schutz und dem der anderen habe ich die Arbeiten an der Pyramide wieder unterbrochen.
282. Tag der Reise
Mein Vorrat an Gesöff ist seit zwei Tagen leer. Ich träume nun jede Nacht von der Schlange. Mal ringen wir miteinander und sie droht mich zu erdrücken. Dann wiederum stehe ich an der Seite anderen Uruks. Sie schlagen plötzlich auf mich ein. Ich meide die anderen nun, wenn ich es kann. Die Beben werden ebenfalls häufiger, auch wenn sie nach den anderen kaum zu spüren sind. Für mich sind sie wie die Hammerschläge von Shak’Tu. Was quält mich?
283. Tag der Reise
Nargzab scheint heute außer sich gewesen zu sein. Er nahm sich heute sein Schwert und schlug wie ein verwirrter Geist auf Holz ein. Es dröhnte und hämmerte durch das ganze Tal. Ich zog mich früh in mein Zelt zurück. Ich kann das Hämmern nicht ertragen. Die letzten Nächte habe ich nicht mehr geschlafen. Ich stehe nun vor dem Ahnenfeuer. Ich kann das Relief des Tselung’Getel sehen und das abgeplatzte Stück, seine Wunde. Ich werden nun danach greifen und die Pracht finden. Die Schlange wird mich nicht aufhalten.
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